Gutachten sieht im Fall Teichtmeister keine Pflichtverletzungen am Burgtheater

Das Verhalten der Burg wurde breit diskutiert.
Das Verhalten der Burg wurde breit diskutiert.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Burg ließ sich anwaltlich beraten, als die Gerüchte auftauchten. Und wollte Teichtmeister weniger besetzen, doch der wehrte sich. Dass die Pflichten erfüllt wurden, heiße aber nicht, „dass man nicht noch mehr hätte tun können", so Andrea Mayer.

Hat sich das Burgtheater im Fall Teichtmeister richtig verhalten? Darüber wurde viel diskutiert in den vergangenen Wochen, wobei das Wort „richtig“ nicht sehr häufig fiel. Burgtheaterdirektor Martin Kušej hatte erst spät ausführlich Stellung bezogen. Und vergangene Woche durchaus emotional argumentiert: "Ich komme an die Grenzen in meiner eigenen Emotionalität - auch in der Erkenntnis, dass mich jemand so massiv belogen hat."  Er sei von den Enthüllungen rund um den Schauspieler Florian Teichtmeister kalt erwischt worden. Natürlich, das Burgtheater wurde belogen - aber hätte es als Arbeitgeber mit dem Wissen, dass es Ermittlungen gegen Teichtmeister gab, nicht anders umgehen müssen?

Der Frage, ob hier eine Pflichtverletzung vorlag, wurde in einem Gutachten nachgegangen. Es kam zu dem Schluss: Das Vorgehen des Burgtheaters und der Bundestheater-Holding im Fall Teichtmeister war korrekt. Das Gutachten wurde von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) beauftragte und am Montag veröffentlicht. Arbeitsrechtsexpertin Sieglinde Gahleitner resümierte, dass die Führungspersonen im Bundestheaterkonzern sich keiner Pflichtverletzungen im Umgang mit der Causa schuldig gemacht hätten.

Festgehalten wird jedoch auch, dass "im Ermessen allerdings weitere Schritte gesetzt werden hätten können und insbesondere Optimierungsmöglichkeiten bei Dokumentation und Begleitung existiert hätten, die in Zukunft genutzt werden sollten".

Burg ließ sich mit Auftauchen der Gerüchte beraten

Das Gutachten unterstreicht, dass sich das Burgtheater zum Zeitpunkt des Auftauchens der Gerüchte um einen damals nicht näher genannten Schauspieler "rechtlich von zwei unabhängigen Rechtsanwaltskanzleien beraten lassen und dabei die übereinstimmende Rechtsauskunft bekommen hat, dass allein Gerüchte oder eine Verdachtslage nicht zur Setzung arbeitsrechtlicher Schritte berechtigen". Das Burgtheater habe auch laut einer strafrechtlichen Expertise nicht die Möglichkeit zur Akteneinsicht gehabt. Sowohl in Hinblick auf das "Recht auf angemessene Beschäftigung" als auch auf Verständigungspflichten der Behörden gelte es jedoch, den gesetzgeberischen Änderungsbedarf zu prüfen, wie das Gutachten anregt.

Weiters habe die Geschäftsführung des Burgtheaters "notwendige Schritte gesetzt, um sich von den Vorwürfen im Rahmen der Möglichkeiten als Arbeitgeber ein Bild zu verschaffen". Dazu gehörten neben der anwaltlichen Beratung Gespräche mit Mitarbeitern, Ensemblevertretern und Betriebsräten über allfällige Wahrnehmungen in der Arbeitssphäre. Dass kein Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit festgestellt werden konnte und auch keine Bestätigungen für die behaupteten Verfehlungen im Privatbereich hervorkamen, habe die Handlungsmöglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung und bei der Ergreifung von arbeitsrechtlichen Schritten (etwa Suspendierung) erschwert.

Es sei auch keine Pflichtverletzung gewesen, den Aufsichtsrat sowie den Eigentümer nicht zu informieren. Das Kulturministerium hat vor diesem Hintergrund die Bundestheater-Holding allerdings beauftragt, die Informationspflichten innerhalb des Konzerns einer Prüfung zu unterziehen. Verbesserungsbedarf ortet das Gutachten vor allem im Bereich der Dokumentation in der Vorgangsweise sowie einer laufenden Begleitung des Falls: Bei künftigen Fällen sollte berücksichtigt werden, dass "die anwaltliche Begleitung nicht nur zu Beginn eines Verdachtsfalles, sondern auch im Rahmen der weiteren Entwicklung in Anspruch genommen wird" sowie "sämtliche Gespräche und Maßnahmen der Geschäftsführung schriftlich dokumentiert werden und Protokolle über Gespräche auch etwa vom verdächtigten Arbeitnehmer unterfertigt werden", heißt es.

Mit Verleumdungsklage gegen Ex-Partnerin gedroht

Allerdings habe das Burgtheater grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, Florian Teichtmeister weniger häufig oder weniger prominent zu besetzen. Dies sei, wie aus dem Gutachten hervorgeht, auch im Einvernehmen mit ihm versucht worden, allerdings habe sich Teichtmeister dagegen gewehrt und im Falle eines solchen Schrittes mit einer Verleumdungsklage gegen seine Ex-Partnerin gedroht. "Kann sohin ein gerüchteweise geäußerter Verdacht gegen einen Schauspieler durch den Arbeitgeber nicht erhärtet werden, so kann die weitere Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht als pflichtwidrig angesehen werden", so das Gutachten.

Kommentar

Im ORF-Interview schilderte Burgtheaterdirektor Kušej die „Schockstarre“ des Burgtheaters – und die „Grenzen seiner eigenen Emotionalität“. >> Nein, auch Kušej hat sich nicht „absolut richtig“ verhalten

Infolge des Gutachtens hat das Kulturministerium die Holding nun mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen beauftragt. Dazu gehört u.a. die Überarbeitung der bestehenden Compliance-Richtlinien, insbesondere bei der Vorgangsweise bei Verdachtslagen im Unternehmen. Weiters soll es externe Schulungen für Führungskräfte geben, etwa zu Möglichkeiten zur Sachverhaltsklärung, Risikoabwägung und Sensibilisierung.

Rein rechtlich soll geprüft werden, ob das "Recht auf Beschäftigung" relativiert werden muss, sodass eine Suspendierung oder Nichtbeschäftigung auch in solchen Fällen zulässig ist, in denen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet werden, insbesondere, wenn es sich um Delikte handelt, die im Falle eines Schuldspruches als Entlassungsgrund zu werten wären. Geprüft werden soll auch, ob der Informationsaustausch gegenüber Arbeitgebern ausgebaut werden könnte.

Mayer: Man hätte mehr als Pflicht erfüllen können

"Das Burgtheater und die Bundestheater-Holding haben ihre Pflichten im Umgang mit dem Fall erfüllt - das heißt aber nicht, dass man nicht noch mehr hätte tun können", so Mayer in einer Aussendung. "Wir werden deshalb eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, die den Umgang mit schwerwiegenden Vorwürfen gegen Mitarbeiter des Bundestheater-Konzerns - welcher Art auch immer sie sein mögen - noch besser und professioneller zu gestalten." Eine "Kultur des Wegschauens" habe im Kulturbereich genauso wenig eine Berechtigung wie in allen anderen Gesellschaftsbereichen. "Wir müssen hinschauen und den Opfern das Gefühl geben, dass sie gehört und ernst genommen werden."

(APA/red.)

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