Teuerung und Teilzeit

"Wir sandeln ab": Rot-pinker Kritikreigen gegen Regierung

NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger
NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger APA/GERT EGGENBERGER
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Die SPÖ stößt sich am Vorschlag von Arbeitsminister Kocher zu Sozialleistungskürzungen bei Teilzeitarbeit. Die Neos ziehen eine vernichtende Bilanz der Corona- und Teuerungspolitik.

SPÖ und Neos haben am Mittwoch einen Frontalangriff auf die Regierung gestartet. SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner stieß sich vor allem am Vorschlag von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) zu Sozialleistungskürzungen bei Teilzeitarbeit. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger zog eine vernichtende Bilanz der Corona- und Teuerungspolitik der Koalition und konstatierte im Rahmen einer Pressekonferenz: "Wir sandeln ab."

Ungerührt vom Zurückrudern Kochers am Rande des Ministerrats ließ Rendi-Wagner ihrer Empörung über diese "absurden, verrückten Ideen" freien Lauf. "Diese Regierung sollte aufwachen und sollte endlich aufhören, die Menschen in Ö weiter zu sekkieren", sagte sie: "Sie soll auch aufhören, die Menschen für blöd zu verkaufen." Kocher wolle 1,4 Millionen Teilzeit Arbeitenden Geld wegnehmen, das für sündteure, aber nicht wirksame Ausgaben zum Teuerungsausgleich ausgegeben worden sei.

Vor allem Frauen betroffen

Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner ergänzte, dass der ÖVP-Vorstoß vor allem Frauen treffen würde, die es sich nicht aussuchen könnten, ob sie Teilzeit oder Vollzeit arbeiteten. Die Vollzeitarbeit zu forcieren scheitere unter anderem an fehlenden Kinderbildungsplätzen. Nicht umsonst fordere man seit Jahren einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. "Neoliberale Eiskastenpolitik" ortete auch Sozialsprecher Josef Muchitsch, der zudem auf die schwierige Situation pflegender Angehöriger verwies und sich dafür aussprach, die Arbeitsagenden wieder ins Sozialministerium zu transferieren.

Rendi-Wagner erneuerte auch die SPÖ-Forderungen zur Teuerung: Die Energiepreise müssten durch einen Gaspreisdeckel gesenkt werden, jene für Lebensmittelpreise durch eine Aussetzung der Mehrwertsteuer. Die Mieterhöhungen wiederum sollten für die nächsten zwei Jahre gestoppt werden. Und: Die Frauen könnten nicht durch Bestrafung aus der Teilzeitfalle geholt werden, sondern nur über den Weg der Rahmenbedingungen.

Ähnlich klang Neos-Chefin Meinl-Reisinger, die ebenfalls Kürzungen von Sozialleistungen bei Teilzeit ablehnte und Anreize zur Vollzeit-Arbeit verlangte. Die Überlegungen Kochers wertete sie als dreist angesichts einer ÖVP-Politik, die Frauen jahrelang von Vollzeit-Jobs ferngehalten habe. Sie plädierte für einen massiven Ausbau der Kinderbetreuung - sowohl flächendeckend als auch nachmittags. Zudem sollten steuerliche Vorteile für Teilzeit-Arbeit durchforstet und durch Anreize für Vollzeit ersetzt werden. Teilzeit zu bestrafen sei dagegen der völlig falsche Ansatz.

Ohnehin gefällt Meinl-Reisinger so gut wie nichts, was die Regierung so tut. So habe Österreich die zweithöchsten Ausgaben, was Hilfen in Corona-Zeit und Inflationswelle angeht. Doch seien diese Maßnahmen nicht erfolgreich gewesen. Der Einbruch der Wirtschaft sei enorm gewesen. Vergleichbare Länder wie Finnland und die Niederlande hätten deutlich geringere volkswirtschaftliche Schäden verzeichnet. Auch beim prognostizierten Wachstum liege Österreich mit 0,5 Prozent hinter dem Euro-Schnitt von 0,9 Prozent.

(APA)

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