Neue Führung

Was sich im Heeresgeschichtlichen Museum ändern soll

APA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Verteidigungsministerin Tanner hat den Grazer Historiker Georg Hoffmann nach langem Ringen zum neuen Direktor des HGM bestellt. Was hat er vor?

Es ist vollbracht, die Geburt war denkbar schwer. Das Heeresgeschichtliche Museum (HGM) hat einen neuen Direktor, nach zweieinhalb Jahren Ringen. Wir erinnern uns: Eine Recherche-Plattform warf dem bisherigen Leiter Mario Christian Ortner ein revisionistisches Geschichtsbild und das Dulden rechtsextremer Umtriebe vor. Eine Expertenkommission stellte vor allem dem heiklen Zeitgeschichtesaal zur Periode 1919 bis 1945 ein miserables Zeugnis aus. Ein Rechnungshofbericht kritisierte schwere Mängel in der Organisation. Und dann kamen auch noch Mobbingvorwürfe. Heute beteuert Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP): Sie habe „von Anfang an gesagt“, dass man das HGM „auf neue Beine stellen muss“, wegen der „vielen Versäumnisse“ und der „berechtigten Kritik“. Doch die Widerstände gegen eine echte Reform waren stark, ein ideologischer Grabenkampf, und der Geländegewinn lang nur in Metern zu messen.

Der Durchbruch soll nun mit Georg Hoffmann gelingen. Am Mittwoch wurde der Grazer Historiker, Jahrgang 1979, von Tanner offiziell zum neuen Direktor bestellt. Kann er das Museum wieder „in ruhigeres Fahrwasser führen“, wie die Ministerin hofft? Die Voraussetzungen dazu bringt er sicher mit: Hoffmann ist ein anerkannter Wissenschaftler mit Schwerpunkt Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg, also jenen Themen, bei denen die Dauerausstellung die größten Schwächen zeigt. Er hat sich auch als Kurator bewährt, vor allem beim Haus der Geschichte, das er wesentlich mitgestaltet hat. Und er ist, ganz wichtig, Milizoffizier. Damit sollte er auch in einem militärisch dominierten Umfeld nicht als Fremdkörper wirken.

Mehr Budget, mehr Öffnung

Ihm zur Seite steht, ebenfalls ab sofort, die Juristin Stephanie Pracherstorfer-Prigl als kaufmännische Leiterin und erste Frau in einer HGM-Führungsposition. Die Trennung der Agenden, wie sie in den Bundesmuseen längst üblich ist, war eine der Forderungen der evaluierenden Experten.

Freilich muss der Staat für tiefgreifende Veränderungen auch tiefer in die Taschen greifen. Das Ministerium stellt für die Modernisierung ein Budget von 4,3 Mio. Euro zur Verfügung. Damit lässt sich vieles geradebiegen, aber nicht alles auf neue Beine stellen. Zumal ja nicht nur die Präsentation, sondern auch das Gebäude renovierungsbedürftig ist. Allerdings schließt Tanner weitere Mittel für bauliche Maßnahmen ausdrücklich nicht aus.

Was aber hat der Neue konkret vor? Zuerst will er am Bereich Diktatur und Zweiter Weltkrieg ansetzen, der ihm „besonders am Herzen liegt“. Ansonsten hüllt er sich in Floskeln, die aber die Richtung anzeigen: „Multiperspektivität“ – die Sicht der einfachen Soldaten, das Leiden der Zivilbevölkerung soll in den Blick kommen, und damit „die Verbindung von Gesellschaft und Militär“. „Erinnerungskultur“ – ja, die kam bisher zu kurz. Und: Das HGM soll „eingebettet sein in den museumstheoretischen Diskurs“ – also „zeitgemäße Darstellung“ und Austausch mit anderen Museen.

Ausgliederung bleibt tabu

In einem aber hält Hoffmann Kurs: Anders als viele wünschen, soll das HGM nicht wie die Bundesmuseen ausgegliedert werden, also auch nicht bei der Kultur ressortieren. Es sei für ihn eine „entscheidende Säule“, dass es beim Verteidigungsministerium bleibt. Auch als ein Ort, an dem Soldaten diskutieren und reflektieren.

Hinter alldem steht die Frage, welche Aufgabe ein Militärmuseum heute vorrangig hat: Soll es seine Stammklientel bedienen, die sich für historische Waffen, große Schlachten und den Zauber der Montur begeistert? Oder soll es sich, anfangs mühsam, neue Besucherkreise erschließen? Letzteres hat das Museum in Dresden vorgemacht, das den Ursachen von Krieg und Gewalt nachspürt.

Freilich in einem Gebäude, das der Stararchitekt Daniel Libeskind zu diesem Zweck um 63 Millionen Euro komplett umbauen durfte. So etwas ist in Wien nicht drin. Aber bei Umfang und Qualität der Bestände kann das HGM mit allen großen Militärmuseen mithalten. Hoffmann will dem Haus „wieder die Bedeutung geben, die ihm zusteht“, sagte er bei der Pressekonferenz.

Und sein umstrittener Vorgänger Ortner? Es gibt rund um ihn weiter Ärger. Tanner hat ihn an die Spitze des Instituts für Strategie und Sicherheit der Landesverteidigungsakademie gesetzt – was ihr die Opposition prompt als „Postenschacher“ ankreidet. Denn Ortner sei zwar ein ausgewiesener Experte für die Geschichte des Ersten Weltkriegs, aber nicht für aktuelle Sicherheitsfragen.

Nun beschwichtigt die Ministerin: Die Besetzung sei nur interimistisch, und natürlich werde die Stelle ausgeschrieben – „wenn es sie noch gibt“. Aber der Posten war gerade vakant, und man musste Ortner ja „einen Arbeitsplatz zuweisen“. Die „Fürsorgepflicht“ im Dienstrecht gebiete, „dass Beamte nicht ins Bodenlose fallen dürfen“.

(gau)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Neuer Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums Georg Hoffmann und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
Personalia

Tanner räumt "viele Versäumnisse" beim HGM ein

Der Historiker Georg Hoffmann wurde offiziell zum neuen Direktor des Heeresgeschichtlichen Museums bestellt. Er will "an der geäußerten Kritik ansetzen".
Christian Ortner, Ex-Direktor Heeresgeschichtliches Museum
Personalia

Posten ohne Ausschreibung? Tanner sieht kein Fehlverhalten

Der ehemalige Leiter des Heeresgeschichtlichen Museums, Christian Ortner, ist neuer Leiter des Instituts für Strategie und Sicherheitspolitik. Vorwürfe des Amtsmissbrauchs werden laut.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.