Italiens Regierungschef Berlusconi soll bei der Polizei interveniert haben, damit eine Prostituierte aus dem Polizeigewahrsam frei kommt. Seine Anwälte bezeichnen die Ermittlungen als "absurd".
Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi gerät wieder ins Visier der Justiz. Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittle gegen den Premierminister wegen Amtsmissbrauchs und eines Prostitutionsdelikts, teilten die Justizbehörden in einer Aussendung am Freitag mit.
Dabei geht es um Berlusconis Beziehung zu einer minderjährigen Prostituierten marokkanischer Abstammung. Der Fall hatte bereits in den vergangenen Wochen für Aufsehen gesorgt und Berlusconi schwer belastet. Der Premierminister muss sich in den nächsten Tagen vor den Staatsanwälten verantworten.
Der Premierminister soll zwischen Februar und Mai 2010 Sex mit dem damals noch minderjährigen Mädchen gehabt und es dafür bezahlt haben. Berlusconi hatte dies stets bestritten. Der 74-jährige Ministerpräsident wird auch des Amtsmissbrauchs beschuldigt, weil er in der Nacht des 27. Mai persönlich bei der Mailänder Polizei angerufen hatte, um die junge Prostituierte aus dem Polizeigewahrsam freikommen zu lassen.
Die junge Frau war wegen mutmaßlichen Diebstahls festgenommen worden. Um sie aus dem Polizeigewahrsam freikommen zu lassen, erklärte Berlusconi einem Mailänder Polizeifunktionär, dass die junge Marokkanerin eine Verwandte des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak sei. Er benannte auch eine Person, in deren Obhut die Beamten die Minderjährige geben konnten.Berlusconi bestreitet die Vorwürfe.
Anwälte: Ermittlungen "absurd"
Die Rechtsanwälte des Premierminister bezeichneten die Ermittlungen gegen Berlusconi als "absurd". Die Vorwürfe gegen den Premier seien schon längst geklärt worden, versicherte Berlusconis Rechtsanwalt Nicoló Ghedini. Er sprach von einem untolerierbaren Eingriff auf das Privatleben des Regierungschefs. "Die Vorwürfe gegen Berlusconi sind absolut unglaubwürdig", kommentierte Daniele Capezzone, Sprecher von Berlusconis Partei PdL "Volk der Freiheit" (Popolo della libertá). Es sei offenkundig, dass eine Verfolgungskampagne gegen den Premierminister im Gange sei.
Die Justizermittlungen in Mailand sind ein weiterer Schlag für Berlusconi. Erst am Donnerstagabend hatte das italienische Verfassungsgericht ein umstrittenes Immunitätsgesetz teilweise aufgehoben, das Berlusconi und seinen Ministern Schutz vor Strafverfolgung gewährte.
(Ag.)