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Im Gespräch

Reden wir über Kreislaufwirtschaft

Michaela Keplinger-Mitterlehner (links) und Marlene Johler diskutierten über Kreislaufwirtschaft, Axel Kühner war per Videocall zugeschaltet.
Michaela Keplinger-Mitterlehner (links) und Marlene Johler diskutierten über Kreislaufwirtschaft, Axel Kühner war per Videocall zugeschaltet.(c) Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Greiner AG ]
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Im Gespräch. Die Menschheit verbraucht mehr Rohstoffe, als die Erde à la longue liefern kann, und der Klimawandel ist unübersehbar. Die Kreislaufwirtschaft ist ein Weg aus der Umweltkrise.

Die Kreislaufwirtschaft breitflächig zu implementieren und zu optimieren, ist eine absolute Notwendigkeit. Nicht nur, weil es um den Klimawandel geht, sondern auch die Rohstoffe werden knapp. Doch wo steht die Kreislaufwirtschaft heute, welche Möglichkeiten gibt es und wohin wird sie sich entwickeln? Diese Fragen standen im Zentrum eines Talk@Raiffeisen mit Marlene Johler vom Circular Economy Forum Austria, Axel Kühner, dem Vorstandsvorsitzenden der Greiner AG, und der Generaldirektor-Stellvertreterin der Raiffeisenlandesbank OÖ AG, Michaela Keplinger-Mitterlehner.

Bereits in ihrer Keynote skizzierte Marlene Johler den Status quo. Das Grundproblem ortet die Expertin in der Historie der Produktion von Gütern aller Art: Aus Rohstoffen werden Waren produziert und diese sind irgendwann Abfall – eine Einbahnstraße, die nicht nur Mistberge wachsen lässt, sondern auch jede Menge CO2 verursacht, so Johler. Erste Versorgungsengpässe bei begehrten Rohstoffen sind bereits auszumachen und werden sich in Zukunft noch dramatisch verschärfen. Der Ausweg aus dem Dilemma ist nicht das bloße Recyceln, das erst am Ende einer Wertschöpfungskette stehen sollte. Die Lösung ist eine optimale Kreislaufwirtschaft.

Alles beginnt beim Design

„Die Vermeidung von 80 Prozent des Abfalls und der Umweltverschmutzung beginnt beim Produktdesign“, ist Johler überzeugt. „Versäume ich es, das in der Designphase zu berücksichtigen, können das Unternehmen später nicht mehr aufholen. Dabei müssen Produkte und Materialien bei höchst möglichem Nutzen und Wert so lang wie möglich in einem Kreislauf gehalten werden“, erläutert die Expertin. „Ebenso ist es nötig, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch abzukoppeln.“ Fakten untermauern, dass ein Umdenken dringend an der Zeit ist, denn derzeit wird für ein Prozent an Wirtschafswachstum mehr als 1,8 Prozent an Ressourcen verbraucht: „Das wird sich früher oder später nicht mehr ausgehen. Zusätzlich müssen wir natürliche Systeme regenerieren, wobei der Übergang zu erneuerbarer Energie eine wichtige Rolle spielt.“

Doch wie können Rohstoffe dauerhaft in einer Kreislaufwirtschaft bleiben? Am Beginn stehen „Circular Inputs“ in der Designphase eines Produkts, skizziert Johler, dazu gehört der Einsatz von erneuerbarer Energie, biobasierenden, non-toxischen, recycelten und recycelbaren Materialien. Ein weiterer Baustein der Kreislaufwirtschaft sind „As a Service“-Geschäftsmodelle, wobei ein produzierendes Unternehmen das Eigentum am Produkt behält und bloß seine Funktionen verkauft. Durch die Verlängerung der Produktlebensdauer lassen sich ebenfalls Rohstoffe und CO2 einsparen, was durch Wiederverwendung, Instandhaltung, Reparatur, Refurbishment und Remanufacturing gelingt. Unternehmen, die diese Strategien anwenden, können bereits auf Erfolge verweisen: Der CO2-Abdruck wird kleiner, Gewinne – und zum Teil Marktanteile – steigen.

Marlene Johler,  Circular Economy Forum Austria
Marlene Johler, Circular Economy Forum Austria (c) Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Greiner AG

»„Der Ausweg aus dem Dilemma ist nicht das bloße Recyceln, das erst am Ende einer Wertschöpfungskette stehen sollte. Die Lösung ist eine optimale Kreislaufwirtschaft.“«

„Ein weiteres Geschäftsmodell sind Sharing-Plattformen, bei dem Unternehmen untereinander oder mit Kunden Assets teilen“, erklärt Johler. „Dadurch erhöht sich die Nutzungsrate, wie etwa bei Carsharing-Modellen.“ Erst am Ende eines Kreislauflebens stehen das (energieaufwendige) Recycling und die Mülldeponie, deshalb sollte bereits während des Produktionsprozesses die Ressourcenrückgewinnung, wie aus Produktionsabfällen, bedacht werden.

Der Einstieg in eine echte Kreislaufwirtschaft sei ein komplexes Unterfangen, bei dem Prozesse auf allen Ebenen eines Unternehmens verändert werden müssen. Dazu bedarf es nicht nur der Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens, sondern der Kooperation entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die monetären Effekte einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft sind enorm: Bis zu 4,5 Billionen US-Dollar wären bis zum Jahr 2030 zu lukrieren, meint Johler, was sich aus höheren Umsätzen, Stärkung der Marken, Einsparungen bei Kosten und einer Risikoreduktion, wie bei der Reputation von Brands, zusammensetzt. Zudem verweist Johler auf die strengen EU-Regeln, die einen Umstieg in eine Kreislaufwirtschaft inklusive aufwendigem Reporting nötig machen.

Viele der Geschäftskunden der Raiffeisenlandesbank OÖ sind bereits auf dem Weg zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, weiß Michaela Keplinger-Mitterlehner, Generaldirektor-Stellvertreterin der Raiffeisenlandesbank OÖ aus dem täglichen Geschäft. „Alle unsere Industriekunden beschäftigen sich sehr intensiv mit dem Thema Kreislaufwirtschaft und es ist bemerkenswert, wie viele Meilensteine hier bereits gesetzt wurden. Wir versuchen die Projekte unserer Kunden bestmöglich zu unterstützen, wie bei der Strukturierung von Finanzierungen, die sehr stark mit Fördermöglichkeiten verbunden sind.“ Bei Investitionen in Projekte zur Kreislaufwirtschaft gebe es aber noch Bedarf, ergänzt Marlene Johler, denn viele kleine Betriebe würden keine Finanzierungen erhalten: „Eine Druckmaschine ist keine optimale Sicherheit für eine Bank.“

Derzeit sei, so Keplinger-Mitterlehner, noch viel „Work in Progress“, denn Initiativen dürfen nicht in Bürokratie ersticken – das bereite ihr Sorgen. „Regulatoren sollten Entwicklungen anstoßen und nicht zu Tode regulieren“, kritisiert sie. „Ich würde mich mit unseren Kunden lieber über jene Chancen unterhalten die sich in der Zukunft auftun und wie sie davon profitieren können. Stattdessen müssen wir uns darüber unterhalten, wie wir besser reporten können.“

Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG
Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG(c) Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Greiner AG

»„Der positive Aspekt von Kunststoff kommt zu kurz. Würde man Kunststoffverpackungen durch Produkte wie Aluminium ersetzen, gäbe es um 200 Prozent mehr CO2-Emmissionen.“«

Um Unternehmen bei Investitionen unter die Arme zu greifen, hat ihre Bank bereits Wege gefunden, neuartige Projekte – wie „As a Service“ – bei Finanzierungen zu unterstützen. „Hier gibt es ganz konkrete Ansätze wie bei ,Pay Per Use‘-Modellen, bei denen unsere Leasinggesellschaft anfallende Raten nach dem Grad der Nutzung von Produkten berechnet“, erklärt Keplinger-Mitterlehner. Das Engagement der Raiffeisenlandesbank OÖ bei den ESG-Kriterien reicht bereits zwei Jahrzehnte zurück, seither wird zudem großer Wert auf ein ethisch-nachhaltiges Fond-Angebot gelegt: „Nachhaltigkeit ist ein Teil der DNA von Raiffeisen und wir sind Teil des Green Deals, denn die Transformation soll sehr stark über die Kapitalströme erfolgen. Hier nehmen Banken eine ganz zentrale Rolle ein. In unserem Beratungsprozess bei Veranlagungen ist das Thema Nachhaltigkeit bereits jetzt schon eingebaut.“ Deshalb beschäftige sich die gesamte Raiffeisen-Organisation mit Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit, unterstreicht Keplinger-Mitterlehner, das reiche von der Produktentwicklung, dem Risikomanagement bis zur Kundenberatung und Investor-Relations: „Bis zum Jahr 2030 wollen wir nicht nur nach SCOPE 1, sondern auch nach SCOPE 2 klimaneutral sein. Dafür planen und setzen wir zahlreiche Maßnahmen um.“

Vorreiterrolle für Unternehmen

Die Greiner AG ist der weltweit führende Anbieter von Kunststoff- und Schaumstofflösungen unter anderem für die Verpackungs-, Möbel- und Autoindustrie und hat sich zu einer Nachhaltigkeitsstrategie verpflichtet. Der Vorstandsvorsitzende Axel Kühner unterstreicht, dass es bis zum Jahr 2040 eine Recycling-Quote von 80 bis 90 Prozent benötigt, um mit den vorhandenen Rohstoffen auszukommen. Derzeit läge sie bei etwa 25 Prozent, so Kühner. Um das Ziel zu erreichen, ist weltweit ein Investment von zwei Billionen Dollar nötig, wobei ein Großteil auf Recyclingkapazitäten entfällt und etwa ein Viertel auf das Produktdesign. „Ich bin überzeugt, dass Unternehmen wirklich etwas verändern können. Deshalb haben wir bei Greiner bereits im Jahr 2015 eine Strategie aufgesetzt, bei der die Kreislaufwirtschaft eine von drei tragenden Säulen darstellt“, so der CEO. Um langfristig über eigene Rezyklate zu verfügen, hat die Greiner AG im Vorjahr eine Recyclinganlage in Serbien erworben: „Das ist ein erster, kleiner Schritt, dem aber weitere folgen werden.“

Michaele Keplinger-Mitterlehner, Generaldirektor-Stellvertreterin RLB OÖ
Michaele Keplinger-Mitterlehner, Generaldirektor-Stellvertreterin RLB OÖ(c) Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, Greiner AG

»„Ich würde mich mit unseren Kunden lieber über Chancen unterhalten, die sich in der Zukunft auftun. Stattdessen müssen wir uns übers Reporten unterhalten.“«

Das böse Wort Plastik

Das Thema Kunststoffe ist omnipräsent, vor allem durch den Verbrauch fossiler Rohstoffe und Energie bei der Produktion bis hin zu den Müllbergen in den Ozeanen. „Plastik per se ist niemals gut oder böse. Wichtig ist, was man damit tut“, mahnt Kühner zu differenzieren, „Eine Dimension von Plastik ist die Umweltverschmutzung und wir haben als kunststoffverarbeitende Unternehmen die Verantwortung, etwas dagegen zu tun. Der positive Aspekt von Kunststoff kommt im Bewusstsein der Bevölkerung aber zu kurz. Würde man Kunststoffverpackungen durch andere Produkte wie Aluminium ersetzen, gäbe es um 200 Prozent mehr CO2-Emmissionen. Das muss man in die Waagschale werfen. Wenn man ernsthaft etwas gegen den Klimawandel tun möchte, müsste man noch vermehrt Kunststoffe einsetzen, wobei wir immer eine Lösung für das Ende seines Lebenszyklus haben sollten.“ International sei eine bessere Mülltrennung nötig, wofür es besserer Sortieranlagen, Digitalisierung und künstlicher Intelligenz bedürfe: „Hier sind wir in Europa in einer ganz guten Position.“

Information

Der RLB OÖ Talk fand auf Einladung der Tageszeitung „Die Presse“ und mit finanzieller Unterstützung der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich statt.


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