Diplomatie

Karl Nehammer empfängt Pedro Sánchez: Spaniens Premier hofft auf einen EU-Pakt zur Migration

APA/FLORIAN SCHRÖTTER
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Sánchez stellt in Wien die  Prioritäten des bevorstehenden spanischen EU-Ratsvorsitzes vor, Österreich dürfte sich als „harter Knochen“ bei der Migrationsdebatte erweisen - sagt aber Spanien Unterstützung zu..

Europäische Regierungschefs geben sich Donnerstag und Freitag in Wien die Klinke in die Hand. Den Anfang machte am Donnerstag der spanischen Regierungschef Pedro Sánchez, der zu Mittag vor dem Bundeskanzleramt mit militärischen Ehren empfangen wurde. Am Nachmittag hat sich auch der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo angesagt. Am Freitag steht dann ein Besuch der finnischen Regierungschefin Sanna Marin am Programm.

Sanchez wurde zu Mittag mit militärischen Ehren vor dem Bundeskanzleramt empfangen. Zahlreiche Schaulustige versammelten sich deshalb auf Ballhausplatz, darunter auch einige spanische Regierungsgegner, die lauthals den Rücktritt von Sanchez forderten.

Für den sozialistischen spanischen Ministerpräsidenten ist Österreich die erste Etappe einer Tour durch die europäischen Hauptstädte vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft Anfang Juli. Noch am Donnerstag reist Sanchez weiter nach Kroatien, am Freitag ist er in Slowenien. In allen drei Ländern will er die Prioritäten des spanischen Ratsvorsitzes vorstellen.

Harter Knochen ist der Migrationspakt

Zu den bisher formulierten Prioritäten Madrids gehören die Förderung der strategischen Autonomie der EU, eine stärkere Annäherung an Lateinamerika und die Beschleunigung der Verhandlungen zum Abschluss des EU-Migrations- und Asylpakts. Besonders zu letzterem Thema will Nehammer seinem spanischen Amtskollegen nach Angaben aus dem Bundeskanzleramt auch seine Prioritäten darlegen. Österreich könnte "ein harter Knochen" insbesondere beim Migrationspakt werden, kommentierte die spanische Tageszeitung "La Vanguardia" am Donnerstag das Treffen.

Nehammer (ÖVP) hat Sánchez bei dessen Besuch am Donnerstag in Wien Unterstützung für den spanischen EU-Ratsvorsitz ab Juli zugesagt. Sánchez lobte seinerseits, dass Österreich "eine konstruktive Haltung" habe, auch wenn die beiden Länder etwa beim Thema Migration in einigen Fragen durchaus auch unterschiedliche Positionen hätten.

"Spanien übernimmt den Ratsvorsitz in einer Zeit, die mehr als schwierig und herausfordernd ist", sagte Nehammer und nannte den Krieg in der Ukraine, Teuerung und Energiekrise sowie die irreguläre Migration als gemeinsame Herausforderungen. Spanien brauche als Land an der Außengrenze Europas genauso Unterstützung wie Italien, Bulgarien und Rumänien, so der Bundeskanzler. Sánchez und er seien sich einig, dass man auf der einen Seite Grenzen sichern müsse, es auf der anderen Seite aber auch wichtig sei, mit Herkunftsländern und sicheren Drittstaaten übereinzukommen.

Mehr Autonomie der EU

Die Verhandlungen zum EU-Migrationspakt sind eine der Fragen, die Spanien während seines bevorstehenden EU-Ratsvorsitzes weiterbringen will. Sánchez zeigte sich entschlossen, vor der Europäischen Parlamentswahl im Mai 2024 mehrere offene Themen weiterzubringen. Konkret nannte er neben dem Migrationspakt den Klimaschutz und die Umgestaltung des Energiemarktes. Damit sollten einerseits die Treibhausgasemissionen gesenkt werden, anderseits die strategische Autonomie der Europäischen Union gestärkt werden.

"Wir müssen die gelernten Lektionen nicht nur aus dem Krieg, sondern auch aus der Pandemie verinnerlichen", mahnt Sánchez und forderte eine Reindustrialisierung Europas. Ein Anliegen Spaniens sei außerdem eine Vertiefung der Bande zu Lateinamerika, betonte der spanische Regierungschef.

Am meisten Gemeinsamkeit fanden Nehammer und Sánchez offenbar beim Thema Westbalkan. Spanien habe hier die österreichische Position unterstützt, dass Bosnien den Beitrittskandidatenstatus erhalten solle, als die Ukraine den Status erhielt, lobte Nehammer. Sánchez lobte den Westbalkan als wichtigen Pfeiler der europäischen Stabilität. Nicht erwähnt wurde die Nicht-Anerkennung des Kosovo durch Spanien, welche die EU-Annäherung des seit 2008 unabhängigen Staates nicht erleichtert. Fragen waren bei dem Medientermin am Donnerstag auf spanischen Wunsch keine zugelassen.

Belgiens Premier geht zum Opernball

Auch beim Treffen Nehammers mit De Croo soll es um EU-Vorhaben gehen. Belgien übernimmt nach Spanien im Jänner 2024 die rotierende Ratspräsidentschaft für ein halbes Jahr. Anlass des Besuchs De Croos ist allerdings ein anderer: Der liberale belgische Premier begleitet Nehammer am Abend auf den Opernball. Medientermin ist bei De Croos Besuch keiner geplant.

Der sozialistische spanische Regierungschef tritt im Rahmen seines Besuchs in Wien am Donnerstag auch mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zusammen. Im Vorfeld lobte Rendi die Linksregierung von Sánchez einmal mehr als Vorbild bei Maßnahmen gegen die Teuerung etwa mit dem Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel sowie Deckeln für Energiepreise und Mieten.

(APA)

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