Der EVP-Chef hat sich mit der Öffnung nach rechts und seiner Finte gegen Ursula von der Leyen angreifbar gemacht. Etwas mehr als ein Jahr vor den Europawahlen brodelt es in Europas Volkspartei. Der bayrische CSU-Vizechef ist angezählt.
Die Stimmung bei Europas Christdemokraten ist schlecht. Sehr schlecht. „Stinksauer“ seien Abgeordnete der größten Fraktion im Europaparlament, erfährt „Die Presse“ aus EVP-Kreisen. Anlass ist der Chef selbst: Manfred Weber (CSU), der im Mittelpunkt mehrerer parteiinterner Kontroversen steht. Bei den Fraktionssitzungen brechen dieser Tage „heftigste Spannungen“ auf – und schuld daran ist nicht nur die leidliche Berichterstattung über Webers doppelt bezogenes Gehalt als EVP-Chef und EU-Abgeordneter.
Jüngst eskalierte eine Debatte zur verspäteten Reaktion des Bayern auf Silvio Berlusconis unsägliche Aussage, der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, sei verantwortlich für Russlands Angriffskrieg auf sein Land. Da Berlusconis Partei Forza Italia Mitglied der EVP ist, hätte Weber den Italiener sofort in die Schranken weisen müssen. Doch er zögerte. Die EVP verliert seit Jahren kontinuierlich an Sitzen, weshalb der CSU-Vize bemüht ist, diesen Abwärtstrend mit Blick auf die Europawahl 2024 zu stoppen. Auf der Suche nach Allianzen setzt er auf eine Öffnung nach rechts – und begibt sich damit auf dünnes Eis. Geheime Treffen mit Italiens postfaschistischer Premierministerin, Giorgia Meloni, die auch den Vorsitz der europäischen EKR-Partei (Europäische Konservative und Reformer) innehat, führten bei zahlreichen EVP-Politikern zu lautstarkem Protest.