Verwaltungsgericht

Rechnungshof warnt vor wachsenden Asyl-Aktenbergen

Prüfer untersuchten Erledigungszahlen am Bundesverwaltungsgericht: Rückstand im Ausmaß des Neuanfalls zweier Jahre.

Der Rechnungshof (RH) sieht eine große Zahl an Asylverfahren auf das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zukommen und empfiehlt diesem, schon vorsorglich darauf zu reagieren. In einem heute, Freitag, veröffentlichten Bericht über das Gericht orten die Prüfer eine hohe Zahl an Rückständen, die noch auf die große Flüchtlingsbewegung 2015/16 zurückgehen. Um eine neuerliche Anhäufung unerledigter Asylverfahren zu vermeiden, solle das Gericht die betroffenen Geschäftsabteilungen personell und organisatorisch unterstützen.

Beschleunigung nicht gelungen

Das BVwG ist eine Beschwerdeinstanz, die 2014 – neben der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit – auch zu dem Zweck eingeführt wurde, Verfahren zu beschleunigen. Dieses Ziel sei „bislang nicht erreicht“ worden, stellt der RH nach einer Untersuchung der Jahre 2018 bis 2021 fest. Zum Ende dieses Zeitraums seien 15.000 Verfahren offen gewesen – das entsprach der Summe des Neuanfalls der Jahre 2020 und 2021. Allein im Jahr 2017 waren nur im Asyl- und Fremdenrecht mehr als 30.000 Verfahren angefallen (von insgesamt 42.000). 2021 kamen nur 8500 auf die rund 200 Richter und Richterinnen des Gerichts zu.

Für den RH ist „nicht objektiv und zuverlässig feststellbar, ob tatsächlich eine effiziente und effektive Aufgabenwahrnehmung im richterlichen Bereich sichergestellt war“. Mit Sicherheit aber orten die Prüfer massive Überschreitungen der regulären Verfahrensdauer: 63 Prozent aller Entscheidungen ergingen erst nach mehr als jenen sechs Monaten, binnen derer sei grundsätzlich fallen sollten.

Mehr als ein Drittel der Verfahren länger als zwei Jahre

37 Prozent der Verfahren dauerten gar mehr als zwei Jahre; laut RH vor allem deshalb, weil der Abbau von Altverfahren infolge der Fluchtbewegungen 2015/16 nicht abgeschlossen gewesen sei. Weil 2021 die Zahl der Asylanträge wieder stark gestiegen sei, sieht der RH schon die nächste große Welle an Verfahren auf das BVwG zukommen. 

Eine weitere Ursache der Verzögerungen sieht der RH darin, dass die Richter – wiewohl zwingend Juristen mit fünf Jahren Berufserfahrung – nicht zu einer richterlichen Grundausbildung und Weiterbildung verpflichtet seien. Da sich das Richteramt wesentlich von anderen juristischen Tätigkeiten unterscheide, empfiehlt der RH der türkis-grünen Koalition, für neu eintretende Mitglieder des Gerichts eine entsprechende Ausbildung gesetzlich vorzuschreiben.

Präsidentenstelle noch immer unbesetzt

Ebenfalls an der Koalition läge es indessen, ein vom RH nicht angesprochenes Problem zu lösen: Seit 1. Dezember ist die Stelle des BVwG-Präsidenten unbesetzt, nachdem Harald Perl Ende November in Pension gegangen war. Dem Vernehmen nach ist Sabine Matejka, Zivilrichterin und Präsidentin der Richtervereinigung, Erstgereihte im Vorschlag einer hochkarätigen Besetzungskommission. Mit einer Ernennung ist frühestens mit 1. April zu rechnen.                      

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