Fahrbericht

VW ID.Buzz: Jetzt nur kein Titel mit Blumen und Hippies

Designobjekt erster Güte: Der ID.Buzz ist perfekt inszeniert.
Designobjekt erster Güte: Der ID.Buzz ist perfekt inszeniert. Die Presse/Clemens Fabry
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Der Strombus von VW ist eine Gaudi. Aber er ist ganz sicher nichts für Hippie-Budgets – und sollte es ums Verreisen gehen, so hört sich der Spaß ganz schnell bei der Reichweite auf.

Wien. Einen Buzz zu erzeugen – in PR-Sprache mit freundlicher Wirbel übersetzbar –, das ist VW mit dem ID.Buzz ganz sicherlich gelungen. Peace, Brüder und Schwestern! Dem nach ID.3, 4 und 5 vierten Modell der elektrischen Modellfamilie fliegen Sympathien und Kauforder zu, Wartezeiten von bis zu eineinhalb Jahren sind aktuell eher Regel als Ausnahme.

Was schwingt da nicht alles mit: der gerade dieser Tage so schmerzlich vermisste Geist der Flower-Power-Bewegung, die im konkurrenzlos billigen Bulli – damals fröhlich knatternd mit luftgekühltem Heckmotor – ihr Fluchtfahrzeug ins Aussteigertum fand. So zählt es jedenfalls zum Mythos der Hippies, die in den späten Sixties landläufig freilich so beliebt waren wie heute die Klimakleber.

Im Hochparterre

Fürs Marketing allemal eine dankbare Vorlage. Und von der Realität ziemlich weit entfernt. Zunächst, weil der Strombus preislich in der Luxusklasse rangiert. Mit kurzem Radstand und fünf Sitzplätzen – die Langversion mit sieben Sitzplätzen sowie eine mit Allrad werden nachgeschoben – liegt der Einstiegspreis bei knapp 71.000 Euro. Für die wunschgemäße Ausstattung mit dem ein oder anderen Paket aus der Aufpreisliste, etwa die empfehlenswerten elektrischen Schiebetüren, wären noch zehn, eher 15 Prozent zu addieren.

Sitzen im ersten Stock mit Komponenten aus der ID-Linie: Buzz-Interieur.
Sitzen im ersten Stock mit Komponenten aus der ID-Linie: Buzz-Interieur. Die Presse/Clemens Fabry

Dafür wird fraglos einiges geboten. Neben dem Designobjekt zum genaueren Betrachten eine größenmäßig imposante Erscheinung mit knackig kurzen Überhängen – 4,7 Meter lang und über 1,9 Meter hoch, mit einem Scheinwerferblick, der mehr forsch als niedlich wirkt. Die fast drei Meter Radstand sind die Basis eines zimmerartig großen Innenraums, der in der Länge jenem des ausgelaufenen T6 entspricht (wobei der Buzz insgesamt zwei Zentimeter kürzer ist).
Das im ersten Stock liegende Cockpit, von dem aus man aufs Hochparterre selbst großer SUVs herunterschaut, ist der wesentliche Unterschied zu den anderen ID-Modellen, deren Komponenten auch den Buzz zieren: Lenkrad, Armaturen, Display und Bedieneinheiten, zu denen die ungeliebten Softtouch-„Slider“ zum Regulieren von Lautstärke und Temperatur zählen. Davon vielleicht abgesehen, ist der Buzz in bester VW-Tradition ein Musterbeispiel an Ergonomie und Übersicht. Leichtfüßig setzt sich der Bus mit Heckantrieb in Bewegung, um während der Fahrt wie ein Auto im deutlich kleineren Maßstab zu wirken. Was nicht zuletzt am Wendekreis liegt, der exakt jenem des VW Golf entspricht.

Inkognito

Nicht Design und Dekor, die Güte des Fahrwerks ist das herausragende Merkmal des ID.Buzz. Es drängt das stattliche Gesamtgewicht von über zweieinhalb Tonnen aus der Wahrnehmung, zudem rumpelt, dröhnt und brettert auch auf schlechter Fahrbahn nichts – pures Wohlgefühl am Steuer schaffend, dazu verleitend, den Bus flott und nonchalant wie einen GTI durch die Gassen der Stadt zu bewegen, quasi inkognito mangels verdächtigen Auspuff-Röhrens.

Als Cityflitzer begeisternd, kämpft er als Reiseauto mit der Physik
Als Cityflitzer begeisternd, kämpft er als Reiseauto mit der PhysikDie Presse/Clemens Fabry

Der elastische, geschmeidige, jederzeit sprintbereite Antrieb suggeriert anderes als die wahren Ausmaße des Busses. Zu Recht vermutet man eine kräftig dimensionierte Bremsanlage, wobei man im Alltag weitgehend die Rekuperation walten lassen kann – bei dem Gewicht ist schließlich auch einiges zu holen.
Kurz: Die Tugenden des elektrischen Antriebs, gleichermaßen kultiviert wie lustbetont, lassen sich kaum besser demonstrieren als anhand des ID.Buzz. Probefahrt? Zum Verlieben.

Jedoch: Die Rolle des Cityflitzers kann unseren feinen Strombus nicht ernsthaft ausfüllen. Und übers Land gefahren, zeigen sich schnell die Schattenseiten des Antriebs beziehungsweise seiner Energiespeicherung. It never rains in Southern California, aber in unseren Breiten sind Minusgrade während mehrerer Monate des Jahres die Realität. Im Verbund mit der Masse und der beachtlichen, sich dem Fahrtwind entgegenstellenden Stirnfläche des Fahrzeugs, was bei höheren Geschwindigkeiten voll zum Tragen kommt, ergibt sich eine reale Reichweite auf der Autobahn von nicht mehr als 250 Kilometern. Wer somit Reiseziele jenseits der Landesgrenzen in Angriff nimmt, ist gut beraten, den Weg zum Ziel zu machen. Vielleicht hilft Zen oder gut sortierter Reiseproviant – ob man allerdings so viel jausnen mag, wie es eine ausgedehnte Ladepause alle zwei Stunden nahelegt, ist die andere Frage. Nachdem eine dauerhafte Reisegeschwindigkeit unter 100 km/h zur Verlängerung der Reichweite kaum praktikabel ist, kann nur eine größere Batterie als jene mit 77 kWh Abhilfe bieten – mit den bekannten Folgen für Kaufpreis und Gewicht.

VW ID.Buzz Pro 150 kW

Wir würden den Traum des irgendwie Öko-angehauchten Familien- und Hobby-Großtransporters anders realisieren: mit dem ab 57.000 Euro teuren VW Multivan als Plug-in-Hybrid – der dort rein elektrisch fährt, wo es sinnvoll und geboten ist, dies immerhin zwischen 40 und 50 Kilometer weit. Ein Benzintank reicht dann für 600 Kilometer.Maße. L/B/H: 4712/1985/1909 mm. Radstand 2989 mm. Leergewicht 2525 kg. Ladevolumen 1121 bis 2205 Liter.
Antrieb. Permanenterregte Synchronmaschine (PSM) an der Hinterachse, Leistung max. 150 kW (204 PS),
Dauerleistung max. 70 kW (90 PS).
Max. 310 Nm. 1-Gang-Getriebe.
Akku-Kapazität 77 kWh netto.
Max. Ladeleistung AC/DC 11 kW/170 kW.
0–100 in 10,2 Sek., Vmax 145 km/h.
Verbrauch im Test 25 kWh/100 km.
Preis ab 70.863 Euro.

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