Tierwohl

Mit Big-Brother-Kameras im Kuh- und Schweinestall

Die Überwachung in Großbetrieben wird automatisiert, damit es den Tieren gut geht.
Die Überwachung in Großbetrieben wird automatisiert, damit es den Tieren gut geht.Getty Images
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Forschende in Wien und Oberösterreich verbessern die Videoüberwachung in der Nutztierhaltung. Die automatische Auswertung soll warnen, wenn ein Tier krank wird oder eine Geburt ansteht. Das rettet Ferkel, senkt den Medikamenteneinsatz und schont Ressourcen.

Jetzt hat sich in den vergangenen Jahren so viel getan in den Bereichen künstliche Intelligenz und Computervision, aber wie viel davon ist für die Veterinärmedizin und Landwirtschaft verfügbar? Während die Humanmedizin und Industrie bereits von den großen Datenmengen profitieren und automatisierte Vorgänge immer genauer werden, mangelt es direkt am Vieh noch an langjähriger Erfahrung mit Videoüberwachung.

„Ein Stall ist auch selten so gut ausgeleuchtet wie ein OP-Saal oder eine Industriehalle“, sagt Stephan Winkler von der FH OÖ am Campus Hagenberg. Diese Forschungslücke will das große Team an Forschenden gemeinsam mit Doktoratsstudierenden schließen. Der Wissenschaftsfonds FWF genehmigte kürzlich ein Doktoratsprogramm, an dem sich die Fachhochschule Oberösterreich, die Vet-Med-Uni Wien und die TU Wien beteiligen. Ziele der Entwicklungen der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind Überwachungsprogramme im Kuhstall und Schweinestall.

Es gibt bereits einige Ansätze in Richtung Gesundheitsmonitoring bei Rindern und Schweinen, die mit Kameras oder Sensoren arbeiten. Die Teams aus Wien und Oberösterreich möchten die Technik rund um Bilderfassung und Computervision optimieren „und automatisiert erkennen, wie es den Tieren geht“, sagt Winkler.

Die bestmögliche Tierhaltung finden

Hauptsächlich durch den Einsatz von Kameras, deren Bilder von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden, soll für Landwirtinnen und Landwirte schnell sichtbar sein, welchem Tier es gut geht, welches vielleicht krank wird oder ob eine Gefahr im Stall besteht. „Bei Schweinen ist es manchmal in Großbetrieben so, dass der genaue Zeitpunkt des Werfens von Ferkeln nicht erkannt wird“, erzählt Winkler. Daher kommt es auch zu Unfällen, bei denen neugeborene Schweine von größeren Tieren erdrückt werden. Mit der automatischen Überwachung wollen die Forschenden solche Gefahrenquellen vermeiden sowie tierärztliche Kosten und den Medikamenteneinsatz senken.

Die Idee passt zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der UNO, betont Winkler und beschreibt dabei die SDG-Punkte (Sustainable Development Goals), die den weltweiten Plan zum Schutz unseres Planeten und zur Förderung nachhaltigen Friedens und Wohlstands umfassen.

„Wenn wir vermeiden, dass Tiere krank werden oder sterben, verbrauchen wir weniger Ressourcen bei der Tierhaltung und tragen zum Schutz der Umwelt bei“, sagt Winkler, der selbst Vegetarier ist, aber auch für eine bestmögliche Tierhaltung eintritt.
Nun sollen Big Data und künstliche Intelligenz dazu beitragen, dass die Fleischproduktion modernen Ansprüchen genügt und das Tierwohl im Vordergrund steht.

Berechnungen sind leicht verständlich

„Im Stall können die Kameras durchgehend mitlaufen und Tiere beobachten“, sagt Winkler. Die digitale Datenverarbeitung lernt, die einzelnen Tiere zu unterscheiden und dem System zu melden, wo sich welches Tier befindet und wie es ihm geht. „Mit künstlicher Intelligenz und Machine Learning wird automatisch festgestellt, wenn sich bei einem Tier das Verhalten ändert. Sei es, weil es krank ist oder weil eine Geburt bevorsteht“, erzählt Winkler.

In Vorstudien entdeckten Studierende bereits, dass ein Erkennen und Zuordnen der ähnlich aussehenden Tiere im Stall grundsätzlich möglich ist. „Aber die heutigen Methoden reichen nicht aus“, so Winkler, der mit den Teams die Algorithmen und Berechnungen verbessern will.

„Wir setzen auf ,explainable AI‘“, sagt Winkler. Das heißt, dass die künstliche Intelligenz Modelle generiert, die für Menschen nachvollziehbar und leicht verständlich sind. „Es geht nicht um komplexe mathematische Konstrukte, sondern darum, dass wir erkennen, wie und warum das Modell die Tiere einschätzt“, sagt Stephan Winkler.

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