Ein Jahr Krieg

Ukraine: Am zweiten Tag begann der Beschuss

Olga bedrängte schon Mitte Februar ihre Eltern, die Koffer zu packen und abzureisen. Lwiw, Ukraine, 27. Februar 2022.
Olga bedrängte schon Mitte Februar ihre Eltern, die Koffer zu packen und abzureisen. Lwiw, Ukraine, 27. Februar 2022. Pavlo Palamarchuk/Getty
  • Drucken
  • Kommentieren

Früher habe sie sich gern Dokumentationen über Kriege angeschaut, erzählt die aus Mariupol geflohene Tatjana, und habe sich gewundert, was ein Mensch alles aushalten kann. „Jetzt, nachdem ich das selbst erlebt habe, kommt es mir vor, als sei das gar nicht ich gewesen.“

Anfangs habe ich mich noch gefragt, warum uns das alles passiert, doch mit der Zeit war es mir egal“, erzählt die 17-jährige Olga. „Jedes Mal, bevor ich einschlief, wusste ich nicht, ob ich wieder aufwachen werde. Wenn du beschossen wirst, denkst du bei jeder Explosion, dass es das nächste Mal dein Haus trifft. In diesem Augenblick ist es dir egal, wer recht oder unrecht hat. Du willst nur leben. Ich wollte leben.“

Olga stammt aus Mariupol. Vom 24. Februar bis 28. März haben sie, ihre Eltern und ihre Großmutter die Belagerung erlebt. Heute ist die Familie in Deutschland im Exil. Olgas Mutter Tatjana berichtet chronologisch über das Erlebte, manchmal steht ihr das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, ihre Sprache und ihr Tonfall geben dagegen Emotionen seltener preis. Anatolij, Olgas Vater, fügt manchmal etwas ergänzend hinzu, ringt nach Worten. Olga redet schnell, präzise, manchmal mit einem Hauch von Ironie in der Stimme. Es scheint, als liefen ihre Gedanken den von ihr formulierten Sätzen davon.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Moskau im Winter 2023
Russland

Abgestumpft von Gewalt und Propaganda: Warum die Russen das Leid in der Ukraine nicht berührt

Putins Repressionsapparat erstickt jede Unmutsäußerung. Die Dauerbeschallung durch zynische Indoktrination nimmt den Menschen die Empathie. Humanität zeigt sich dennoch im Kleinen.
Nichts wie raus aus Irpin. Nur mit den allernötigsten Habseligkeiten machten sich die Menschen im März über eine zerstörte Brücke auf den Weg aus einer der Vorstädte Kiews.
Bilanz eines brutalen…

Wenn Streumunition ein Dorf zerstört: So erlebe ich den Krieg

Erstaunlich clever organisierte die Ukraine vom ersten Tag an die Gegenwehr gegen Russland. Die Geschichte eines Krieges, bei dem auch ich als Reporter unter Beschuss geriet.
In den Straßen von Butscha zeigte sich das Grauen des Kriegs. In dem Vorort im Nordwesten der Hauptstadt wurden auch zahlreiche Kriegsverbrechen dokumentiert.
Interview

Militärexperte Gressel: "Mit einer einzigen Atombombe gewinnt man keinen Krieg"

Militärexperte Gustav Gressel erklärt vor dem ersten Jahrestag von Putins Invasion, warum die Russen nun monatelang in der Offensive sein könnten, aber die Ukraine „mehr Potenzial“ hat. Die verbreiteten Vorstellungen über einen Atomwaffeneinsatz hält Gressel für „hoch naiv“ – und Österreich für ein „Sicherheitsrisiko“.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.