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Interview

Infektiologe: "Das Coronavirus ist ein Erkältungsvirus wie viele andere"

Infektiologe und Immunologe Günter Weiss in seinem Büro an der Med-Uni Innsbruck.
"Wir müssen lernen, offener, breiter und selbstkritischer zu kommunizieren", sagt Günter Weiss, Infektiologe und Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin.Thomas Steinlechner
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„Sars-CoV-2 hat sich mittlerweile eingeordnet in eine Reihe anderer respiratorischer Erkrankungen wie etwa Grippe und RSV“, sagt der Infektiologe Günter Weiss von der Medizinischen Universität Innsbruck. Er hat die ersten Covid-19-Patienten Österreichs behandelt, ein junges Paar. Seither waren es Hunderte weitere.

„Die allgemeine Impfpflicht ist während der Deltawelle aus der Verzweiflung heraus entstanden und hat zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt“, sagt Günter Weiss, Infektiologe und Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin. „Anstatt die Bevölkerung mit Argumenten über die Sinnhaftigkeit der Impfung zu überzeugen, wurde eine allgemeine Impfpflicht beschlossen. Und als sich herausstellte, dass sie durch Omikron obsolet wird, hat es viel zu lange gedauert, bis sie wieder aufgehoben wurde, weil sie mittlerweile zum Politikum geworden ist.“

Den Fahrplan für das Ende aller Corona-Maßnahmen bis Ende Juni hält er „aus heutiger Sicht für gerechtfertigt“. Obwohl das Virus in den vergangenen drei Jahren immer wieder für negative Überraschungen gesorgt habe.

„Wichtig ist, dass die richtigen Schlüsse aus der Pandemie gezogen werden. Wir können nicht so weitermachen wie früher. Ein Wartezimmer in einem Spital oder einer Ordinationen, in dem infektiöse Patienten neben Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf sitzen, muss der Vergangenheit angehören, um nur ein Beispiel zu nennen“, so Weiss. „Zudem braucht es eine umfassende Aufarbeitung der Geschehnisse, um herauszufinden, welche Vorgaben sinnvoll waren und welche nicht – angefangen von der Teststrategie bis hin zu Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen, die ich im Übrigen von Anfang an kritisch betrachtet habe.“ Die Frage, ob die Pandemie vorbei ist oder nicht, halte er „zum jetzigen Zeitpunkt für irrelevant“.

Günter Weiss im Interview.  

Die Presse: Sie haben in Innsbruck vor ziemlich genau drei Jahren die ersten beiden positiv getesteten Personen behandelt, ein junges Paar. Beide hatten einen eher milden Verlauf und kamen auch ohne Langzeitfolgen davon. Mittlerweile betreuten Sie Hunderte Covid-19-Patienten. Inwiefern hat sich Sars-CoV-2 in dieser Zeit verändert?


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