Berlinale

Sean Penn und Wolodymyr Selenskij: Eine Liebesgeschichte

Sean Penn bei der Pressekonferenz zum Dokumentarfilm Superpower auf der Berlinale 2023.
Sean Penn bei der Pressekonferenz zum Dokumentarfilm Superpower auf der Berlinale 2023.IMAGO/Future Image
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Der US-Star stellte seine Selenskij-Doku »Superpower« bei der Berlinale vor. Sie erzählt mehr über ihn als über den Porträtierten.

Keine drei Minuten dauert es – das Treffen, auf das im Film „Superpower“ alle gewartet haben. In irgendeinem fensterlosen Hinterzimmer eines abgesicherten Regierungsgebäudes setzen sich Hollywoodstar Sean Penn und der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskij, zusammen und wechseln, eingepfercht zwischen braunen Kommoden und Kästen, ein paar knappe Worte. Die Invasion der Ukraine durch russisches Militär liegt nicht lang zurück, draußen in Kiew donnern die Bombenexplosionen. Penn ist müde und aufgewühlt, sein Gegenüber gefasst und entgegenkommend, aber mental sichtlich mit anderen Dingen beschäftigt. Nach dem Interview noch ein herzlicher Handshake – und die Sache hat sich.


Wäre „Superpower“ nur um diese Erstbegegnung zwischen Schauspieler und Politiker herum gebaut, wäre es eine entschieden enttäuschende Erfahrung. Doch die von Penn und Filmproduzent Aaron Kaufman gedrehte Doku über Selenskij, die am Freitag in Anwesenheit ihrer beiden Urheber bei den Berliner Filmfestspielen Premiere feierte, macht ihre eigene Entstehung und Anpassung an sich laufend dramatisch verändernde (Kriegs-)Umstände zu ihrem eigentlichen Kernthema.

Penn, der waghalsige und politisch umtriebige Hollywood-Maverick, der 2016 etwa mit einem exklusiven „Rolling Stone“-Interview mit dem damals flüchtigen mexikanischen Drogenboss Joaquín „El Chapo“ Guzmán für Aufsehen (und Kopfschütteln) sorgte, zeigte sich früh von Selenskij fasziniert, wie er in „Superpower“ erzählt; von diesem Comedy-Star, der nahezu über Nacht zur Polit-Sensation aufstieg, in die ein beachtlicher Teil der ukrainischen Bevölkerung ihre Hoffnungen auf eine bessere Zukunft legte. Über die Ukraine und ihre geopolitisch prekäre Position wusste er damals noch nichts. Penns Projekt war zunächst das Porträt einer schillernden, ihm vielleicht seelenverwandten Medienpersönlichkeit.

Doku

Bromance. Mit diesem beginnt „Superpower“: Penn und Kaufman fliegen nach Kiew, befragen Experten und „einfache Leute“ zum Präsidenten – ein Soldat klagt, diesem fehlten die „Eier“ – und suchen das Gespräch mit Selenskij. Dass die Stimmung bald kippen wird, ist dem Publikum freilich bewusst: Als Putin am 24. Februar den Marschbefehl gibt, weicht die Zwanglosigkeit aus den Bildern, bang dräuende Spannungsmusik betont den Druck auf die Produktion und die reale Gefahr für das Land. Erst jetzt kommt es zum ersten Treffen.

Weitere folgen: Der Film zieht sich hin bis Ende 2022. Penn, der in Selenskijs Mut eine „tiefe innere Schönheit“ erkennt (und von dieser sichtlich gerührt ist), baut eine echte „Bromance“ zum Porträtierten auf. Viel erfahren wir trotzdem nicht über ihn: Selenskijs Auftritte in „Superpower“ sind kaum weniger vife PR-Medienarbeit als die obligatorische Grußbotschaft, die er zur heurigen Berlinale-Eröffnung beisteuerte.

Spannend ist dieser Film, der fahrig zwischen Infotainment, Direct Cinema und Extrem-Realityshow oszilliert, vor allem als Dokument sich überschlagender Ereignisse. Und als (Selbst-)Porträt Penns als Turbo-Gutmensch, der auf Selenskij nichts weniger als die messianische Hoffnung auf die Rettung der freien westlichen Welt projiziert. Sowie den Glauben an gute Männer, die uns vor bösen Männern beschützen.„Superpower“. 2022 war Hollywood-Star Sean Penn für die Arbeit an einem Porträt Wolodymyr Selenskijs in der Ukraine, als die russische Invasion begann. Er entschied sich, die Doku fertigzustellen. Am Freitagabend feierte sie bei den Internationalen Filmfestspielen von Berlin Premiere – außer Konkurrenz.

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