Kreml-Dokument

Plant Russland die Übernahme von Belarus bis 2030?

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko und Kremlchef Wladimir Putin.
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko und Kremlchef Wladimir Putin. APA/AFP/SPUTNIK/VLADIMIR ASTAPKO
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Einem 17-seitigen Kreml-Dokument aus dem Sommer 2021  zufolge soll Belarus politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandert werden.

Russland hat offenbar Pläne für eine schrittweise Übernahme seines Nachbarlandes Belarus bis zum Jahr 2030. Das legt ein Dokument aus der Moskauer Präsidialverwaltung nahe, über das die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag berichtet und das gemeinsam mit dem WDR, dem NDR und neun weiteren Medien ausgewertet worden sei. Demnach wollen die Strategen von Russlands Präsident Wladimir Putin Belarus offenbar politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandern. Ziel wäre ein gemeinsamer Unionsstaat unter russischer Führung, wie die Zeitung unter Berufung auf das Dokument berichtet. Westliche Sicherheitskreise halten das Papier laut der "Süddeutschen Zeitung" für authentisch.

Das interne 17-seitige Kreml-Dokument mit dem Titel "Strategische Ziele der russischen Föderation in Belarus" stammt offenbar aus dem Sommer 2021. Darin werden laut dem Bericht die strategischen Ziele Russlands in Belarus in den Bereichen Politik/Verteidigung, Handel und Ökonomie sowie Gesellschaft aufgelistet und in kurzfristig (bis 2022), mittelfristig (bis 2025) und langfristig (2030) unterteilt.

Mit der russischen Föderation "harmonisieren"

Das strategische Ziel Moskaus ist dem Papier zufolge unter anderem "die Sicherstellung des vorherrschenden Einflusses der Russischen Föderation in den Bereichen Gesellschaftspolitik, Handel, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur". Die im Februar vergangenen Jahres in Belarus beschlossene Verfassungsreform solle nach russischen Bedingungen vollendet, Gesetze mit denen der russischen Föderation "harmonisiert" werden, heißt es weiter, berichtet die Zeitung. Gleichzeitig wolle der Kreml den westlichen Einfluss zurückdrängen und ein Bollwerk gegen die Nato schaffen.

Fachleute halten das Kreml-Papier laut der Zeitung für authentisch. "In seiner äußeren Form ähnelt das Dokument einem Standarddokument der russischen Bürokratie oder politischen Verwaltung", sagte Martin Kragh, stellvertretender Direktor des Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS). Der Inhalt stimme "weitgehend mit den politischen Zielen Russlands gegenüber Belarus seit den 1990er-Jahren überein".

Auch mehrere westliche Geheimdienste, denen das Papier gezeigt wurde, halten es laut der "Süddeutschen Zeitung" für glaubwürdig. "Der Inhalt des Dokuments ist absolut plausibel und entspricht dem, was wir auch wahrnehmen", sagte ein hochrangiger Nachrichtendienstler der Zeitung. Das Strategiepapier sei als Teil eines größeren Plans von Putin zu sehen: der Schaffung eines neuen großrussischen Reichs.

Polen schließt letzten Grenzübergang zu Belarus

Schon vor dem Bekanntwerden des Dokuments teilte Polen mit, seinen letzten noch offenen Grenzübergang für Lastwagen aus Belarus heute Abend schließen zu wollen. Die Beschränkung werde erst wieder aufgehoben, wenn Belarus seine Einschränkungen für polnische Lastwagen aufhebe, erklärte das Innenministerium in Warschau. Nach der Schließung eines ersten Grenzübergangs durch Polen hatte Belarus seinerseits die Einreisemöglichkeiten für polnische Lkw eingeschränkt. Seither hat sich am Grenzübergang Koroszczyn eine mehr als 40 Kilometer lange Schlange gebildet.

Der Streit hatte am 10. Februar begonnen, als Polen den Übergang Bobrowniki geschlossen hatte, um die "Sicherheit des "Landes" zu gewährleisten. Kurz zuvor war der regierungskritische polnisch-belarussische Journalist Andrzej Poczobut in Belarus zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach dem Urteil hatte Warschau eine Ausweitung seiner Sanktionen gegen Minsk angekündigt. Minsk ist ein enger Verbündeter Moskaus und hatte russischen Truppen vor einem Jahr erlaubt, über belarussisches Territorium in die Ukraine einzumarschieren.

(APA/AFP/Red. )

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