Atomsprengköpfe

Wie Putin das Aussetzen des Abrüstungsvertrags "New Start" begründet

Auf diesem Archivbild vom 8. April 2010 unterzeichnen US-Präsident Barack Obama (li.) und der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew den neuen Vertrag zur Reduzierung strategischer Waffen in Prag.
Auf diesem Archivbild vom 8. April 2010 unterzeichnen US-Präsident Barack Obama (li.) und der damalige russische Präsident Dmitri Medwedew den neuen Vertrag zur Reduzierung strategischer Waffen in Prag.APA/AFP/JOE KLAMAR
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Der russische Präsident wirft den USA ein "Theater des Absurden" vor. Der Westen könne „in Zeiten solcher Spannungen“ nicht erwarten, Zugang zu den atomaren Verteidigungsanlagen Russlands zu bekommen.

Knapp ein Jahr nach Beginn der russischen Offensive in der Ukraine hat Wladimir Putin dem Westen vorgeworfen, Russland "ein für alle Mal erledigen" zu wollen. In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte er zudem die Aussetzung des letzten großen atomaren Abrüstungsvertrages mit den USA an. Es handle sich nicht um einen Ausstieg, sondern um eine Aussetzung des "New Start"-Vertrags, so Putin am Dienstag in Moskau. Wenn die USA Atomtests vornähmen, werde Russland das auch tun.

Putin warf den USA ein "Theater des Absurden" vor - mit Blick darauf, dass Washington unlängst Moskau beschuldigt hatte, keine Experten zur Inspektion der atomaren Verteidigungsanlagen ins Land zu lassen. Wenn in Zeiten solcher Spannungen jemand im Westen ernsthaft erwarte, dass Russland diesen Zugang gewähre, sei das "Blödsinn", meinte Putin. Zugleich bekräftigte er, dass Russland den US-Experten den Zugang nicht gewähre, weil auch russische Inspektoren angesichts westlicher Sanktionen keine Möglichkeit zur Einreise in die USA hätten.

Die Aussetzung von "New Start" begründete Putin vor allem damit, dass etwa Frankreich und Großbritannien ihre Atomwaffenarsenale weiter entwickelten und die Nuklearpotenziale gegen Russland ausrichten würden. Putin wertete auch Äußerungen der Nato zu "New Start" als Einmischung und Grund, den Vertrag zu überdenken.

„New Start“ im Jahr 2010 unterzeichnet

Der "New Start"-Vertrag wurde 2010 in Prag unterzeichnet, trat 2011 in Kraft und wurde 2021 unmittelbar nach Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden um weitere fünf Jahre verlängert. Er begrenzt die Zahl der strategischen Atomsprengköpfe, die die USA und Russland stationieren können, sowie die Stationierung von land- und unterseegestützten Raketen und Bombern, um sie zu transportieren. Experten zufolge verfügt Russland mit fast 6000 Sprengköpfen über das größte Atomwaffenarsenal der Welt. Zusammen besitzen Russland und die USA rund 90 Prozent der weltweiten Atomsprengköpfe.

"Die westlichen Eliten halten ihr Ziel nicht verborgen: Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, das heißt, uns ein für alle Mal zu erledigen", sagte der russische Präsident in seiner Rede. Russland werde aber seine Offensive "sorgfältig und systematisch" fortsetzen, sagte Putin. Die Ziele des Militäreinsatzes werde man so "Schritt für Schritt" erreichen.

USA: Aussetzen von Abrüstungsvertrag „unverantwortlich"

US-Außenminister Antony Blinken hat die russische Ankündigung zur Aussetzung des atomaren Abrüstungsvertrags "New Start" scharf kritisiert. "Die Ankündigung Russlands, seine Teilnahme an New Start auszusetzen, ist äußerst bedauerlich und unverantwortlich", sagte Blinken laut einer vom Außenministerium veröffentlichten Mitschrift am Dienstag in Athen. "Wir werden genau beobachten, was Russland tatsächlich tut", fügte er hinzu.

Die USA würden in jedem Fall dafür sorgen, dass die eigene Sicherheit und die der Verbündeten gewährleistet sei. Der Abrüstungsvertrag sei zu Beginn der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden verlängert worden, weil er eindeutig im Sicherheitsinteresse der USA und Russlands gelegen habe. "Und das unterstreicht nur, wie unverantwortlich diese Aktion ist", sagte Blinken. Trotzdem seien die USA weiterhin bereit, "jederzeit mit Russland über strategische Rüstungsbegrenzungen zu sprechen, unabhängig von allen anderen Ereignissen in der Welt oder in unseren Beziehungen".

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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