Eine klare Mehrheit der EU-Bürger sieht in einer Umfrage des European Council on Foreign Relations Russland als Bedrohung und will von dort kein Öl und Gas beziehen. Während der Westen zusammenrückt, wird der Abstand zur Türkei größer.
Wien. Seit bald einem Jahr versuchen russische Truppen auf Befehl von Wladimir Putin, die Ukraine zu unterwerfen und gewaltsam in ein großrussisches Reich einzuverleiben. Die Hoffnungen auf einen Blitzsieg musste der Hausherr im Kreml rasch begraben, doch mittlerweile muss sich Moskau auch von der Vorstellung verabschieden, dass die Beziehungen zu den europäischen Nachbarn nach einem (wie auch immer gearteten) Ende der Kriegshandlungen zum Status quo ante zurückkehren werden – diese Schlussfolgerung lässt sich nach der Lektüre einer groß angelegten Studie des European Council on Foreign Relations (ECFR) ziehen, die „Die Presse“ vorab einsehen konnte.
Unter der Ägide von Timothy Garton Ash (Historiker an der Oxford University und Karlspreis-Träger), Ivan Krastev (Politologe, IWM Wien) und Mark Leonard (Direktor des ECFR) wurden zum Jahreswechsel 2022/23 weltweit knapp 20.000 Personen in 15 Ländern zu dem Konflikt befragt: in Europa in neun EU-Mitgliedstaaten (Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Spanien, Portugal, Rumänien, Dänemark, Estland) plus Großbritannien, weiters in den USA, der Türkei, Indien, China – sowie in Russland selbst. Aufgrund der „spannungsgeladenen innenpolitischen und sozialen Lage“ wurden die 800 teilnehmenden Russinnen und Russen persönlich und nicht übers Internet befragt, heißt es im Annex der Enquete.