Leitartikel

Der Westen darf sich von Putins Propaganda nicht verunsichern lassen

Die Botschaft des Kremlchefs an die Welt. In Sewastopol wird die Rede Putins auf einem Großbildschirm verfolgt.
Die Botschaft des Kremlchefs an die Welt. In Sewastopol wird die Rede Putins auf einem Großbildschirm verfolgt.REUTERS
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Im psychologischen Abnützungskrieg um die Ukraine flüchtet der starke Mann Russlands in die Opferrolle und will zugleich die Europäer in Angst versetzen.

Es sind perfekte Inszenierungen – auf beiden Seiten der medialen Kriegsfront: Nach seinem symbolisch hoch aufgeladenen Überraschungstrip in die von Russlands Raketen bedrohte ukrainische Hauptstadt hat US-Präsident Joe Biden in Warschau außenpolitische Pflöcke eingeschlagen. Sein Besuch und seine Rede in Polen sind nicht nur ein Signal an die Nato-Verbündeten in Osteuropa und auch erneut an Kiew. Die Botschaft Bidens soll auch in Moskau gehört werden.
Dort hat Stunden zuvor Kreml-Chef Wladimir Putin seine eigene, durchinszenierte PR-Show abgezogen. Seine Rede an die Nation war ein „Best of Putin-Propaganda“, wie man diese nun seit einem Jahr kennt.

Russlands starker Mann machte es sich erneut in der Opferrolle bequem: Alle anderen – nur nicht er selbst – seien demnach an dem Blutbad in der Ukraine schuld. Die USA und die Westeuropäer hätten Russland quasi dazu gezwungen, vor einem Jahr die Ukraine zu überfallen, lamentierte Putin. Und diese schrägen Schuldzuweisungen garnierte er mit bizarren Thesen über die angebliche moralische Verkommenheit des Westens.
Nicht fehlen durfte dabei der sicherheitspolitische Paukenschlag, mit dem Putin so gern seine Zuhörer von Washington bis Berlin aufzuschrecken versucht. Dieses Mal war es die Ankündigung, den sogenannten New-Start-Vertrag auszusetzen, der die Begrenzung der strategischen Atomwaffenarsenale samt Trägersysteme vorsieht. Ein neuer Rüstungswettlauf zwischen Russland und den USA im hochkomplexen und kostspieligen Bereich strategischer Nuklearwaffen würde vor allem der ohnehin schon geschwächten russischen Wirtschaft zusetzen. Vielleicht ist das Putin ja klar, vielleicht aber auch nicht mehr, vielleicht spielt es für ihn auch schon eine untergeordnete Rolle.

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