Revitalisierung

Zimmer frei am Altar: Amsterdams wiederbelebte Kirchen

Bunk Amsterdam: früher Kirche, heute Designhotel
Bunk Amsterdam: früher Kirche, heute Designhotel(c) Wouter van der Sar
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Dass in einem Kirchenschiff die Rolling Stones auftreten oder Touristen ihre Koffer in ihr Zimmer schieben, ist in Amsterdam nicht ungewöhnlich.

Sie prägen Stadtbilder und tragen einen ungeheuren kulturellen Schatz in sich: Kirchen. Sie sind übermächtige öffentliche Räume mit stetig sinkenden Besuchern. Die Zahl der Kirchenaustritte in Österreich ist auf einem Rekordhoch: 90.808 Personen haben 2022 die katholische Kirche verlassen. Die Distanz zur Kirche wird größer, ein Trend, der weder hier noch andernorts in Europa neu ist. In den Niederlanden sind 70 Prozent der Bevölkerung nicht religiös. Etwa ein Fünftel aller nationalen Kirchen, viele in der Hauptstadt Amsterdam, wurde daher bereits in Hotels, Museen, Restaurants und Nachtclubs umgewandelt. Das ist ein Neuzugang.

(c) Wouter van der Sar

In dem Stadtteil Amsterdam Noord wird die ehemalige St.-Rita-Kirche aktuell in ein Designhotel und eine Künstlerresidenz umgewandelt. Bunk soll ab April ein Treffpunkt für lokale und internationale Künstler, Designer und Startups sein. Das hauseigene Aufnahmestudio kann von den Gästen kostenlos genutzt werden. Die einstige Kirche wird nach seiner Eröffnung 296 Gäste in 106 Zimmer und 50 privaten Schlafkabinen - nach dem Modell japanischer Schlafkapseln - beherbergen.

Club Paradiso
Club Paradiso(c) imago images/ANP (via www.imago-images.de)

Wir bleiben im akustischen Segment und kommen zu einem Urgestein der Amsterdamer Kulturszene. Im Stadtteil Grachtengordel in der Straße Weteringschans wurde 1968 eine Kirche in einen Nachtclub umgebaut und zum Symbol der Hippie-Gegenkultur. Rolling Stones, Nirvana, Pink Floyd, David Bowie, Amy Winehouse - hier traten sie alle auf. 

Oude Kerk
Oude Kerk(c) imago stock&people (imago stock&people)

Eine andere Variante ist es, wenn man die großzügigen Kirchenschiffe zur Ausstellungsfläche macht. In der Oude Kerk, dem ältesten Gebäude Amsterdams, ist das der Fall. Sie beheimatet seit 2012 auch ein Kunstinstitut. Die 700 Jahre alte Oude Kerk befindet sich im heutigen Rotlichtviertel „De Walletjes“ im ältesten, mittelalterlichen Teil der Stadt. Zweimal im Jahr stellen nationale und internationale Künstler neue Werke in großem Maßstab her, die nur hier zu sehen sind. 

Nieuwe Kerk
Nieuwe Kerk(c) IMAGO/ANP (IMAGO/Remko de Waal)

Die Nieuwe Kerk am Dam-Platz, dem Herzen Amsterdams, öffnete ihre Tore bereits vor Jahrzehnten für zeitgenössische Künstler und Fotografen. Ein jährlicher Höhepunkt ist die „World Press Photo"-Ausstellung. Schlagzeilen machte die Nieuwe Kerk vor ein paar Jahren, nachdem ein Besucher eine Glaskugel aus Jeff Koons Serie „Gazing Balls“ unabsichtlich zerstört hatte. Das dürfte dem Künstler öfter passieren, am Wochenende ging sein „Balloon Dog“ in Miami zu Bruch.  

(sh)

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