Treuhandverwaltung

Russische Rosneft darf laut Gericht gegen Deutschland klagen

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lehnte am Mittwoch die Forderung des deutschen Wirtschaftsministeriums nach einer Abweisung der Klage ab.

Der russische Rosneft-Konzern kann wegen der Treuhandverwaltung für zwei seiner Tochterfirmen in Deutschland gegen die deutsche Regierung klagen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig lehnte am Mittwoch die Forderung des deutschen Wirtschaftsministeriums nach einer Abweisung der Klage ab. Die Möglichkeit der Beeinträchtigung verschiedener Rechte der Kläger durch das Vorgehen der deutschen Regierung komme durchaus in Betracht, sagte die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab.

Verhandelt wurde die Klage einer russischen Gesellschaft des Konzerns sowie einer luxemburgischen Holding - sie sind jeweils formell Muttergesellschaft der unter Treuhand gestellten deutschen Rosneft-Töchter. Richterin Held-Daab verwies im Fall der Holding insbesondere auf deren Sitz in einem EU-Mitgliedstaat und dem daraus resultierenden Rechtsschutz nach EU-Recht. Die russische Gesellschaft könne unter Umständen eine Verletzung ihres Eigentums geltend machen.

Unternehmen laut Wirtschaftsministerium nicht klageberechtigt

Das deutsche Wirtschaftsministerium hatte beide Unternehmen als nicht klageberechtigt eingestuft und hielt vor Gericht daran fest. Anwalt Ulrich Karpenstein führte im Fall der luxemburgischen Holding an, dass es sich um eine "reine Briefkastenfirma" handle. Er regte an, die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen.

Bei der russischen Gesellschaft hingegen handle es sich um einen Staatskonzern, "der auch als verlängerter Arm der russischen Regierung genutzt worden ist", sagte Karpenstein. Rosneft könne sich also nicht auf Eigentumsschutz berufen. Rosneft-Anwalt Betrand Malmendier widersprach dieser Darstellung und verwies insbesondere auf eine gewichtige Beteiligung des britischen Ölkonzerns BP an Rosneft.

Das deutsche Wirtschaftsministerium unter Leitung von Robert Habeck (Grüne) hatte im September im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine die RN Refining & Marketing GmbH (RNRM) und die Rosneft Deutschland GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur gestellt. Die Unternehmen stehen für zwölf Prozent der Erdölverarbeitungskapazität in Deutschland. Besonders wichtig ist die PCK-Ölraffinerie in Schwedt, die die Region Nordostdeutschland und den Flughafen Berlin-Brandenburg mit Mineralöl versorgt.

Laut Wirtschaftsministerium war der Betrieb der Rosneft-Anlagen gefährdet, weil andere Unternehmen wie Zulieferer oder IT-Dienstleister unter Verweis auf Sanktionen die Zusammenarbeit mit dem russischen Konzern eingestellt oder dies angekündigt hätten. Zudem habe es Hinweise darauf gegeben, dass von russischer Seite "massiv" Kapital aus den deutschen Gesellschaften abgezogen werden könnte.

Auch sei die Umstellung der Rosneft-Anlagen auf nicht-russisches Öl mit Blick auf ein ab 1. Jänner 2023 geltendes Embargo nur mittels Treuhandverwaltung möglich. Es ist etwa der Bau einer neuen Pipeline zur Versorgung der PCK-Raffinerie vom Rostocker Hafen aus geplant. Außerdem soll Öl aus dem polnischen Danzig kommen; Warschau will jedoch nicht mit Rosneft zusammenarbeiten.

Rosneft-Anwälte verweisen auf ungestörte Lieferungen

Die Rosneft-Anwälte verwiesen auf ungestörte Öllieferungen aus Russland bis zum Inkrafttreten des Embargos. Auch zur Umstellung auf nicht-russisches Rohöl sei der Konzern bereit gewesen. Insgesamt sei die Maßnahme der deutschen Regierung unverhältnismäßig und rechtswidrig gewesen. So habe es im Voraus der Treuhandanordnung keine Konsultationen seitens Berlins mit dem russischen Mutterkonzern gegeben.

Das deutsche Wirtschaftsministerium stütze sich auf "anonyme Hinweise", kritisierte Rosneft-Anwalt Malmendier. Auch für eine von Karpenstein erwähnte Unterwanderung der Rosneft-Gesellschaften durch den russischen Geheimdienst gebe es keine Belege. Insgesamt dürfe nicht "aufgrund eines Krieges, den wir alle sehr bedauern", die geltende Rechtsordnung ausgesetzt werden.

Die Verhandlung wurde am Mittwochnachmittag fortgesetzt. Eine Entscheidung könnte aber möglicherweise erst bei einem zweiten Verhandlungstermin am 7. März fallen.

(APA)

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