Mein Donnerstag

Ameisen haben mich radikalisiert

A zompopa ant reared for human consumption is pictured in the insect farm of biologist Paniagua in Grecia
A zompopa ant reared for human consumption is pictured in the insect farm of biologist Paniagua in Grecia(c) REUTERS (Juan Carlos Ulate)
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Es gibt sie von jedem, diese Geschichten aus der Kindheit, die immer wieder ausgegraben werden, egal wie alt und erwachsen man mittlerweile ist.

Bei mir hat sich folgende Episode hartnäckig gehalten: Ich muss etwa drei Jahre alt gewesen sein. Sprechen konnte ich schon, tat dies aber nicht oft und nur mit ausgewählten Personen. Mit meinem Onkel hatte ich gar noch nie ein Wort gewechselt, bis ich irgendwann zu ihm ging und Folgendes sagte: „Ameisen sind alle A. . .!“ Den exakten Wortlaut lasse ich offen, nur so viel: Es ist ein gängiges Schimpfwort und ist Dreijährigen idealerweise nicht geläufig, außer sie verbringen viel Zeit mit ihren älteren Cousins.

Meine damalige Abneigung gegenüber Ameisen kann ich mir übrigens nur mit der Plage in unserer Küche erklären. Sie fanden früher jeden Sommer ihren Weg vom Balkon in unser Haus, wanderten über die Küchenarbeitsplatte, nahmen ein paar Brösel mit, nur um dann wieder in einem Loch zu verschwinden. Hausmittel wie Backpulver halfen nichts, Gift-Fallen höchstens temporär. Sie kamen immer wieder.

Mittlerweile bin ich längst ausgezogen, habe das Trauma überwunden. Dachte ich. Bis ich vor Kurzem folgende Schlagzeile las: „Klimakrise macht Ameisen aggressiver.“ Sowohl die Hitze als auch der erhöhte Stickstoff-Gehalt im Boden fördere die Kampfbereitschaft der Tiere, fanden Forscher der Uni Innsbruck heraus. Aggressiver! Diese Nachricht macht mich unrund. Und gar nicht so sehr aus Angst vor den Tieren (meinen Schimpfwortschatz habe ich mittlerweile etwas ausgeweitet und fühle mich gut gewappnet), sondern wegen der Gewissheit, dass dies nur eine von unzähligen, noch viel unbequemeren Folgen der Klimakrise ist.

Vor diesem Hintergrund wundert es mich also nicht, wenn manche zu radikalen Mitteln wie Straßenblockaden und Superkleber greifen, in der Hoffnung, manche dieser Folgen noch aufzuhalten. Mein dreijähriges Ich hätte sich vielleicht sogar dazugesetzt.

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