Morgenglosse

Ein Aschermittwoch wie damals

POLITISCHER ASCHERMITTWOCH DER FPOe: KICKL
POLITISCHER ASCHERMITTWOCH DER FPOe: KICKLAPA/MANFRED FESL
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Nach drei Jahren Coronapause ist die derbe Bierzelt-Rede aus der politischen Vergangenheit zurück – und längst nicht nur die.

Hätte es diese seltsame Tradition des alljährlichen Polit-Rundumschlags am Beginn der Fastenzeit, geprägt von Bier und tiefen Witzen, nicht durch die dreijährige Coronapause geschafft, es wäre wohl nicht sonderlich schade darum gewesen. Doch der „Politische Aschermittwoch“ ist zurück - oder wie Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner es in der Rieder Jahnturnhalle ausdrückte: „Liebe Freunde der politisch inkorrekten Aschermittwochsgemeinschaft – wir sind wieder da!“

Und wie: Haimbuchner zog sogleich her über „Klimaexperten, die zu viel Kleber geschnüffelt haben“ und die „links-grüne Umerziehungsanstalt ORF“, im Hauptprogramm der Jahnturnhalle legte dann FPÖ-Chef Herbert Kickl nach. Unter anderem schimpfte er den Bundespräsidenten einen „Staats- und Demokratiegefährder“. Auch Kickl attackierte den ORF – und machte sich noch über allerhand Politiker lustig, Wiens Gesundheitsstadtrat etwa nannte der oberste Blaue „Impf-Quasimodo“. Und dieser halblustige Abend, er taugte innenpolitisch nicht einmal zur Abwechslung vom tristen Krisenalltag: Zeitgleich mit Kickl sprach der Kanzler, knapp 200 Kilometer Luftlinie vom blauen Widersacher getrennt, nämlich am „Politischen Aschermittwoch“ der ÖVP in einer ernsten Rede über die Herausforderungen unserer Zeit.

Zurück in die Turnhalle: Am Mittwochabend wurde bei Hering, Bier und immergleichen Feindbildern nicht nur die Wiederkehr eines politischen Formats sichtbar – sondern auch so gut wie alles, was damit verbunden ist, seit Jörg Haider den „politischen Aschermittwoch“ 1992 aus Bayern übernommen hat. Als da wären: Freiheitliche Entgleisungen, mit denen politische Wettbewerber nicht recht umzugehen wissen – und derweil Debatten darüber führen, ob mit der FPÖ nun ein Staat zu machen ist oder nicht. Während diese Frage grosso modo unbeantwortet bleibt, stimmt die FPÖ das Lied an vom „System“, das sie ausgrenze – der Refrain der Coverversion aus 2023 ist seit Wochen Alexander Van der Bellen gewidmet – und liegt in Umfragen an der Spitze. Und auch einer der letzten Unterschiede zu den besten Haider-Tagen scheint perdu: Die weitverbreitete Ansicht, dass Kickl, der frühere Gag-Schreiber aus dem Hintergrund, kein Mann für die erste Reihe sei und ihm der Rückhalt in der FPÖ fehle, lässt sich derzeit nicht belegen. Der Auftritt in der Jahnturnhalle und die steten „Herbert, Herbert, Herbert“-Sprechchöre deuten eher darauf hin, dass sich die FPÖ wieder einmal nach einem alleinigen Frontmann ausrichtet. 

Dieser erste Aschermittwoch nach der Pandemie-Zäsur hat also gezeigt: Politisch ist irgendwie ziemlich vieles wieder beim Alten. Und damit ist nicht 2019 gemeint, sondern eher die 90er.

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