Tisch für vier

Lokalkritik im Glasswing

Restaurant Glasswing
Restaurant Glasswing(c) Daniel Heinrich
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Draußen Ringstraßentrubel, innen ruhige Bucht: Ein junges Team bespielt das neue Haus am Kärntner Ring.

Nach zwei Jahren Bauzeit erhöht wieder ein Erstes Haus die Hoteldichte am Wiener Kärntner Ring (Bristol, Imperial, Grand Hotel): Aus The Ring wurde The Amauris, ein 62-Zimmer-und-Suiten-Tempel mit Relais-&-Châteaux-Wimpel, dahinter steht der Wiener Garagen-Tycoon Johann Breiteneder. Um nicht blank dazustehen: Amauris bezeichnet eine Schmetterlingsart, ebenso wie Glass-wing, der Name des Restaurants im Erd­geschoß. Hier waltet dienstags bis samstags der 29-jährige Alexandru Simon in offener Küche seines Amtes. Der Chef de Cuisine, in Rumänien aufgewachsen, hat Erfahrung in großen Häusern: Lehre im Panhans, danach mehrere Grand Hotels in Österreich und der Schweiz, zuletzt, vor The Ring, just gegenüber.

Restaurant Glasswing
Restaurant Glasswingbeigestellt

Um seine Handschrift zu studieren, empfiehlt sich das Sieben-Gang-Menü (160 Euro), das Glass-wing-Sommelier Max Populorum, 26, mit Weinen begleitet (90 Euro). Preise, an denen sich erkennen lässt, dass man doch noch in Wien am Tisch sitzt und nicht in Zürich oder London oder New York. Es soll so bleiben! Wir freuen uns jedenfalls, dass der Gruß aus der Küche mit einem Glas vom Zahel aus Wien Mauer eintrifft, was auch gleich die Idee der Küche illus­triert: dem Breitengrad (Österreich und Umgebung) verhaftet; unverkrampft freilich, denn im Lauf des Abend dringen wir schon noch bis ins Napa Valley vor.

Restaurant Glasswing
Restaurant Glasswingbeigestellt


Simon eröffnet denn auch mit Wolfsbarsch; Buttermilch, Pannonischer Wasabi, der uns durchaus hätte ein wenig necken dürfen, aber unbrisant nur als Farbakzent in Erscheinung trat. Es gilt dies auch für alles, was folgt: Der Küchenchef steht für eine unaufgeregte Linie, ­verkneift sich Effekte, die man für naheliegend halten könnte, was schon sehr genaues Hineinschmecken erfordert, um der Güte des Gebotenen Rechnung zu tragen. Piano. Kann man für eine gute Idee halten, wo ein Hype in den andern greift, führte aber auch dazu, dass am Tisch das Thema Schonkost erörtert wurde. No offense. Mit Kaisergranat, Kalbsbries und Rehrücken marschieren die Ringstraßen-Klassiker im kunstfertig-minimalistischen Arrangement auf; für den Humor zwischendurch sorgt Bartender Max Wölle, 31, der aus seinem Arsenal passende ­Pointen kreiert (Champagner, Absinth, Cognac, Feige-Granatapfel, den haben wir uns gemerkt). Ein junges Team, ein junges Haus, und wenn die Küche vielleicht doch einen Schritt aus dem Altehrwürdigen heraus macht, dann wird man sich umliegend noch richtig anstrengen müssen.

(c) Daniel Heinrich

Info:

Restaurant Glasswing im Hotel The Amauris Vienna, Kärntner Ring 8, 1010 Wien,
Tel.: +43/(0)1/221 22, Di–Sa: 18–23 Uhr.

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("Die Presse Schaufenster" vom 16.12.2022)

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