Strategie

Die sechs Lehren aus einem Jahr Ukraine-Krieg

Russian service members at a combat position in Zaporizhzhia region
Russian service members at a combat position in Zaporizhzhia region(c) Reuters
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Kampfpanzer und Artillerie sind alles andere als obsolet, Präzisionsmunition und Drohnen zählen immer mehr, die schiere Masse aber auch. Russlands zuvor überschätztes Militär hat Probleme auch sozialer und kultureller Art.

Er befehlige „die zweitstärkste Armee der Welt", hatte Russlands Generalstabschef, Waleri Gerassimow, bei Kriegsbeginn im Gespräch mit fremden Vermittlern getönt. Zu britischen Gesprächspartnern sagte er bei anderer Gelegenheit, Russlands Militär habe konventionellen Gleichstand mit den USA erzielt. Wenig später, als seine bzw. Präsident Wladimir Putins „Spezialoperation" in der Ukraine kollabierte, kam der Spott: Russland habe wohl die zweitstärkste Armee, lauteten Kommentare – allerdings der Dritten Welt.

Tatsächlich war die Aktion auf nur zehn Tage angesetzt, die Annexion des (bestenfalls ganzen) Landes bis August 2022. Da man sich auf einen Enthauptungsschlag gegen die Führung in Kiew durch Luftlandetruppen, Spezialeinheiten und Infiltrateure verließ, auf massive Luftangriffe und einen militärisch-politisch-psychologischen Kollaps, war die Invasion aus mehreren Richtungen an sich bloß als zusätzliche Machtdemonstration samt Polizeieinsatz gedacht. Sie scheiterte an ihrem Gesamtziel an für die Fläche des Operationsgebietes weit zu geringen Kräften (samt Milizen ca. 190.000 Mann, die erst Tage bis Stunden vorher von ihrem Schicksal erfuhren), weil man die militärische Kraft des Gegners und den Wehrwillen des Volkes unterschätzte, und aus allerhand anderen Gründen wie Technik, Topografie, Fehlplanung und Psychologie. Dass man auf taktischer Ebene vielfach keinen „wirklich" Krieg erwartete, zeigten die vielfach wie in Friedenszeiten dicht gepackt einfahrenden Kolonnen gepanzerter Fahrzeuge ohne ausreichend Flankenschutz.

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