Architektur

Schöner Wohnen in klein, groß, alt und neu

Sichtachse zum hellen Fenster, kluger Grundriss und edle Materialien machen auch wenig Platz zum Schmuckstück.
Sichtachse zum hellen Fenster, kluger Grundriss und edle Materialien machen auch wenig Platz zum Schmuckstück. Getty Images
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Beim Sanieren und Bauen im Bestand gilt es, mit architektonischem Fingerspitzengefühl zu arbeiten, um modernen Komfort, persönliche Wünsche und gewachsenes Ambiente unter einen Hut zu bringen.

Im Unterschied zum Neubau auf der grünen Wiese sind Verdichtung, Adaptierung und Umbau immer besondere Herausforderungen – und, wenn geglückt, mit ganz besonderem Flair. Daher wird im Idealfall mit einem Architekten geplant, der nicht nur die Wünsche der Bauherren, sondern auch den Charakter und die Eigenarten des Objekts respektiert.

„Der Trend zu Mikrowohnungen ist definitiv schon allein wegen der hohen Preise vorhanden“, weiß Silvia Prager, Geschäftsführerin von OpenArchitecture. Die Zauberworte für die Planung solcher Wohnungen heißen Stauraum und Sichtachsen. Denn Letztere machen es möglich, dass auch 39 m2 luftig wirken können – wenn der Blick nicht nach eineinhalb Metern im Vorraum endet.

Klein und luftig

„Der erste Eindruck ist dabei enorm wichtig“, sagt die auf Microlofts spezialisierte Architektin. „Wenn man beim Hereinkommen auf den Balkon durchblicken kann, ohne erst drei Türen aufmachen zu müssen, wirkt das schon ganz anders.“ Dabei genügt es, eine kleine Öffnung zu lassen, durch die der Blick hindurchwandern kann. Was man dadurch an Stauraum verliert, lässt sich anderswo durch einen durchdachten Grundriss wieder wettmachen. „Oft reicht es schon, eine Wand um zehn oder 20 Zentimeter zu versetzen, um dann auf der einen oder anderen Seite Standard-Möbel statt Maßanfertigungen nutzen zu können“, weiß Prager. Und bei den Möbeln sollte man genau überlegen, was hinein soll. Denn Auszüge, Schmutzwäschefächer oder Schuhregale, in denen auch nasse Stiefel Platz finden, ohne Schaden anzurichten, sorgen dafür, dass sich das vermeiden lässt, was in kleinen Wohnungen der Tod der großzügigen Anmutung ist: Unordnung.

Auch wenn sich die Bewohner von Mikrowohnungen kaum vorstellen können, dass man zu viel Platz haben kann, können auch große Räume Architekten vor Herausforderungen stellen. Denn ein wohliges Wohngefühl stellt sich bei musealen Ausmaßen nur schwer ein.

Groß und wohnlich

Hier heißt das Zauberwort „Zonierungen“, wie Daniel Hora, Gründer von Megatabs, berichtet. „Um eine heimelige Stimmung zu erzeugen, muss ich es vermeiden, Gänge zu schaffen, und die Räume zonieren“, erklärt er. Das passiert naturgemäß nicht mit Wänden, die das Ende der Großzügigkeit wären, sondern mit anderen Mitteln. „Eine Möglichkeit mit großer Wirkung sind etwa eine oder zwei Stufen“, rät der Architekt, „oder auch die Verringerung der Deckenhöhe in einem Teil des Raumes, beispielsweise mit Stuck.“ Auch Säulen seien tolle Raumteiler, wenn man sie denn richtig in Szene setze, genau wie Teppiche, die Inseln im Raum schaffen. Und natürlich Lampen, die etwa als Lichtobjekte über dem Esstisch oder der Couch-Landschaft Bereiche definieren. „Aber auch als indirektes, warmes Licht, mit dem ich die Decke anstrahlen und den Raum entsprechend ausleuchten kann“, erklärt Hora.

Historisch und modern

Und wenn der Zahn der Zeit recht gründlich an einem Objekt genagt hat, heißt das Zauberwort, mit dem sich das Flair erhalten lässt, ohne die Nutzbarkeit einzuschränken: Respekt. „Das Gebäude in seiner Struktur zu respektieren und nicht drüberzufahren, sondern es als gleichberechtigten Player anzusehen“, ist für Architekt Stefan Tenhalter die Basis einer gelungenen Adaption. Diese darf im Idealfall durchaus ein wenig mehr Zeit in Anspruch nehmen, „denn wer langsam baut, macht wenig Fehler“. Außerdem tragen originale Baumaterialien wie etwa wiederverwendete Ziegel oder alte, gebürstete und wieder verlegte Holzdielen viel zum Flair im neuen Leben des Gebäudes bei. „Die Macken, Brandspuren und Farbflecken auf einem solchen Boden erzählen Geschichten, die ein neuer nie mitbringen kann“, so der Wiener Architekt. (SMA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2023)

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