Allroundtalent Couch: hier als raumprägende, edle Sofalandschaft von Pierro Lissoni.
Möbel

Sitzen und Entspannen: Wie man das richtige Sofa findet

Wofür ein Sofa dienen soll und was es alles können muss.

Bereits in der griechischen Antike gab es sie, die Ruhebänke zum Sitzen und Entspannen, damals mit Lehnerhöhungen aus Lehm und nur für die Oberschicht. Die Idee des gepolsterten Sitzens entstand im Rokoko, also im 18. Jahrhundert, im Zuge herrschaftlicher Repräsentation. Ob Diwan, Couch oder Sofa genannt, aus Marmor, Holz oder Metall gefertigt, mit Leder, Textilien oder Kunststoff bezogen: Seinen Einzug in unsere vier Wände hielt das Möbelstück erst im 19./20. Jahrhundert, heute ist es nicht mehr wegzudenken. Das „Liegebett“ und seine Funktion sind und waren dabei immer Moden unterworfen: Von edlen, steif wirkenden Biedermeiermöbeln bis zu üppigen Sofalandschaften der 1980er-Jahre, von geradlinigen Bauhaus-Möbeln bis zu Werner Pantons „Living Tower“.

Vom Repräsentieren zur Gemütlichkeit

„Das Sofa hat seine Repräsentationsfunktion in der Wohnung weitestgehend verloren“, erklärt Architekt Peter Döllmann, Geschäftsführer von Döllmann Design+Architektur. „Diese haben Küche oder Koch- und Essbereich übernommen. Auch die ,klassische‘ Ausrichtung des Sofas zum Fernseher wird zunehmend obsolet. Einfach weil der Fernseher zugunsten von Smartphone und Tablett an Wichtigkeit verliert.“ Gestalterisch entstehen damit neue Freiräume, was die Positionierung des Sofas oder der Sofalandschaft in der Wohnung betrifft.

»". . . Ein Sofa ohne Abstellmöglichkeit für Kaffee oder Tablet ist kein Sofa."«

Designerin Christina Goebl von Rainbow Universe.

Im Idealfall sollte das Sofa so stehen, dass ein Großteil des Raums überblickt werden kann. Wichtig ist gutes Licht – etwa eine blendfreie Stehlampe oder Wandleuchte. Und „quasi zwingend notwendig ist ein Beistelltisch, denn ein Sofa ohne Abstellmöglichkeit für Kaffee oder Tablet ist kein Sofa“, meint Designerin Christina Goebl von Rainbow Universe 7 aus Wien. Dazu ein kuscheliger Teppich für die Füße – falls diese nicht auf das Sofa dürfen. Als Platzierung eignen sich eine dunklere Zimmerecke oder dachschräge Wände. „Bei schwierigen Grundrissen wie schmalen oder kleinen Zimmern zahlt es sich aus, sich beraten zu lassen“, sagt Astrid Zuwa, Leiterin von Designfunktion auf dem Wiener Bauernmarkt.

Abziehbar oder waschbar

„Ein Sofa sollte der jeweiligen Lebenssituation standhalten. Es gilt, die Grundfragen zu überlegen: Wer und wie viele Personen werden es wie nutzen.“ Denn der eine lese hier, der andere arbeite, ein weiterer lerne oder sähe fern, einige würden kuscheln, Ältere brauchten es vielleicht höher und härter, Vielkopffamilien groß, Einzelpersonen kleiner. Und: Soll es auch Gästen standhalten?

„Wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass nur Familie oder enge Freunde darauf sitzen werden, kann man der eigenen Vorstellung von Bequemlichkeit ganz hemmungslos den Vorrang zu geben“, rät Döllmann. „Vor allem wenn Kinder oder Haustiere im Haushalt leben oder auf dem Sofa gegessen werden soll, ist der Bezugsstoff sehr überlegt zu wählen“, weiß Zuwa. Und auch, ob der Überzug abzieh- und/oder waschbar sein soll.

Härtegrad und Stoffqualität

»"Ein Sofa mit moderner Sitztiefe ist ja eigentlich auch ohne Ausziehfunktion zum Schlafen geeignet, die ausreichende Länge vorausgesetzt."«

Architekt Peter Döllmann

LEXIKON

Und was ist mit den guten alten Bettsofas? Sie führen inzwischen eher ein Nischendasein, sind aber keine aussterbende Gattung. Döllmann: „Ein Sofa mit moderner Sitztiefe ist ja eigentlich auch ohne Ausziehfunktion zum Schlafen geeignet, die ausreichende Länge vorausgesetzt. Sollte man es öfter oder für das Nächtigen von Gästen benötigen, ist das wahre Geheimnis die passende Matratzenauflage.“ Wobei man schon beim Thema Qualität ist – und dem Wissen, dass Qualitätsunterschiede meist auf den ersten Blick kaum auszumachen sind und der Preis zwar ein Hinweis ist, aber keine Garantie. So gibt es beispielsweise kleine Sofas für weit über zehntausend Euro, die fast baugleich bei einem großen Möbelhändler für ein Zehntel des Preises zu finden sind. Worauf man achten also soll? Klar ist: Handwerk hat immer seinen Preis. „Vor allem die Haltbarkeit von Gestell und Polsterung machen ein hochwertiges Sofa aus“, sagt Zuwa. „Bei den Bezugsstoffen ist auf Scheuerbeständigkeit, Knötchenbildung, Lichtechtheit und Reibechtheit zu achten. Dazu gibt es bestimmte Zertifizierungen.“ Zu beachten ist auch, dass Sofas mit der Zeit weicher werden. „Also lieber zu etwas härteren Modellen greifen.“ Auch die Garantiemöglichkeit sollte man im Blick haben. Goebl: „Zwei bis fünf Jahre sollten gegeben sein.“Viele Namen für ein Möbel zeigen: Es ist überall beliebt. Das Wort Sofa geht auf Arabisch „zuffa“ – gepolsterte Ruhebank – zurück. Couch kommt vom französischen „coucher“ – liegen. Kanapee kommt vom französischen „canapé“, dieses vom lateinischen „conopeum“ – „Himmelbett“. Diwanist persisch: „dīwān“ – „Kanzlei, Amt“. Es verwies in der Bedeutung „Polsterbank“ auf Sitzmöbel, wie man sie in orientalischen Amtsstuben fand.

Doch was wünscht der Kunde 2023 eigentlich? „Dazu gibt deutliche Tendenzen. Während im Hotel und Büro poppig farbige Sofas in möglichst eigenständiger Gestaltung gefragt sind, geht der Trend im privaten Bereich zu modularen Sofasystemen, die sich je nach Raumsituation konfigurieren lassen“, erklärt Döllmann. Leder scheint komplett out, gewählt werden natürliche Wollstoffe. In der Farbpalette überwiegen gedeckte Erd- und Warmgrautöne, ergänzt durch bunte Kissen und Decken. Darüber hinaus spielen ökologische Aspekte im Couch-Kauf eine Rolle. „Das Thema Umweltbewusstsein ist auch hier längst angekommen. In den Verarbeitungsprozessen und auch in der Materialverwendung wird nachhaltig und mit Verantwortung agiert.“

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2023)

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