Gastkommentar

Das VfGH-Erkenntnis ist eine Chance für den ORF

Peter Kufner
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Pro. Die geplante Haushaltsabgabe schafft neue Möglichkeiten für einen starken ORF, der dabei für alle günstiger wird. Trotz Sparpflicht: Das RSO muss bleiben!

Es findet sich nicht allzu viel im Regierungsprogramm zum Thema ORF, denn schon in den Verhandlungen war er ein schwieriges Thema. Schließlich einigte man sich auf ein paar wenige Punkte wie: Volksgruppen sollen entsprechend den öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen des ORF gestärkt werden, die Kooperation mit den privaten TV-Sendern soll verbessert werden. Einig war man sich auch darüber, dass die Bundesregierung für einen unabhängig finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk steht, und über die Anpassung des öffentlich-rechtlichen Auftrags an das digitale Zeitalter – Stichwort: Digitalnovelle. Und dann kam im Sommer 2022 das Erkenntnis des VfGH: Die bis dato eingehobene GIS ist rechtswidrig und der Gesetzgeber muss bis spätestens 1. 1. 2024 eine Lösung finden.

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Es ist also höchste Zeit, und wir wollen, dass der ORF weiterhin seinen Auftrag, erweitert um digitale Möglichkeiten, erfüllen kann. Es soll nun die von den Grünen schon lang geforderte Haushaltsabgabe werden, wie sie in Deutschland seit 2013, in der Schweiz seit 2016 existiert. Ja, auch dort gab es zu Beginn Grundsatzdebatten über die Höhe und warum alle, wenn sie gar nicht ARD oder SRG schauen. Mittlerweile handelt es sich um ein Erfolgsmodell. Die Details und die Höhe dazu werden wir in den nächsten Wochen mit dem Koalitionspartner verhandeln.

Fest steht nur, dass nun alle, unabhängig davon, ob sie einen Rundfunkempfänger (so heißt es im Gesetz), also ein TV-Gerät oder einen Radioapparat haben, eine Abgabe leisten werden. Jene, die am Laptop streamen, am Tablet digitale ORF-Inhalte konsumieren, über Handy Radio hören oder orf.at aufrufen, können dies bisher noch kostenlos machen. In Zeiten einer zunehmenden Digitalisierung und der stärker werdenden Abkehr von linearem TV-Konsum zu selbstbestimmtem Hören und Sehen von Programmen ist es daher erforderlich, dass alle – unabhängig vom Gerät – für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bezahlen. Eine Haushaltsabgabe ist nicht nur für alle günstiger und gerechter, weil alle gleichermaßen bezahlen, sie ist auch demokratischer: Alle zahlen, wie bei anderen gemeinschaftlichen Leistungen, und jene, die geringe Haushaltseinkommen haben, werden befreit.

Und nun legt der Generaldirektor dem Stiftungsrat ein Sparprogramm vor, weil Inflation und steigende Energiepreise die Kosten in die Höhe treiben. Aber auch mit einer Haushaltsabgabe und sinkenden Werbeeinnahmen ist der öffentlich-rechtliche Auftrag sicherzustellen. Wo gespart wird, hat der ORF zu entscheiden, es ist nicht die Aufgabe des Gesetzgebers. Aber im Regierungsprogramm haben wir auch vereinbart, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag im Bereich Kunst und Kultur zu stärken ist und dass es ein klares Profil für ORF III als Kultur- und Kunstsender sowie für Ö1 und FM4 im Bereich des Radios geben muss.

Österreich braucht das RSO

Also wie ist das mit dem RSO, dem Radiosymphonieorchester? Es ist eines der wichtigsten und profiliertesten Orchester des Landes, es begeistert das Publikum auf Ö1, im Musikverein, im Konzerthaus oder auch bei den Salzburger Festspielen und bei Wien modern. Es hat ein absolutes Alleinstellungsmerkmal im Bereich der zeitgenössischen Musik und ist essenziell für den Erhalt des lebendigen Musiklebens in Österreich. Dafür muss es eine Lösung geben, es darf nicht einfach eingespart werden. Ja, da fragen manche, wozu braucht der ORF ein Orchester? Er braucht es, und vor allem Österreich braucht es, wenn wir wirklich die viel beschworene Kulturnation sein wollen. Genauso wie wir die Förderung der österreichischen Musikproduktion durch den ORF brauchen, Stichwort: österreichische Musikcharta. Genauso, wie wir die Dotierung des Film/Fernseh-Abkommens brauchen.

Und abschließend: Was wir jedenfalls uneingeschränkt brauchen, ist die in Österreich meistgelesene Nachrichtenseite orf.at.

Eva Blimlinger (* 1961) ist Historikerin, Nationalratsabgeordnete sowie Kultur- und Mediensprecherin der Grünen. Sie war von 2007–2018 ORF-Publikumsrätin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2023)

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