Wort der Woche

Ideen für die Kreislaufwirtschaft

Das Recycling von Abfällen funktioniert in vielen Bereichen derzeit gar nicht gut. Indes gibt es spannende Ideen für eine künftige klimafreundliche Kreislaufwirtschaft.

Eine Grundvoraussetzung für den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft ist das Funktionieren von Recyclingketten – schließlich sollen keine Abfälle mehr anfallen, sondern möglichst alle Materialien wiederverwertet werden. Dazu braucht es adäquate Sammelsysteme und Recyclingverfahren. Überdies müssen die rezyklierten Materialien (Sekundärrohstoffe) auch tatsächlich wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Dies wiederum erfordert funktionierende Märkte für Sekundärrohstoffe.

Wie die Europäische Umweltagentur EEA kürzlich feststellte, ist dies aber bei Weitem nicht überall der Fall. Die Fachleute haben die gesamteuropäische Situation in acht wichtigen Bereichen der Abfallwirtschaft untersucht und kamen zu dem Schluss, dass das Recycling nur bei Aluminium, Papier und Glas wirklich gut klappt. In den Bereichen Holz, Kunststoffe, Bioabfall, Bau- und Abbruchmaterial sowie Textilien gibt es hingegen nur unzureichend funktionierende Sekundärrohstoffmärkte (www.eea.eu). Die Gründe dafür sind vielfältig; eine große Rolle spielt häufig die fehlende Standardisierung von Sekundärrohstoffen, sodass die Nachfrage nach Rezyklaten relativ gering ist und diese nicht selten zu minderwertigeren Produkten verarbeitet werden. Oder verbrannt werden. Oder sogar auf einer Deponie landen.

Das Thema Kreislaufwirtschaft ist sehr eng mit dem Klimaschutz verquickt. Wie in der EEA-Studie ausgeführt wird, könnten z. B. durch eine völlige Umstellung der Schwerindustrie auf ein Kreislaufsystem weltweit 3,6 Mrd. Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden – das entspricht fast neun Prozent der menschengemachten Treibhausgasemissionen.

Die Zusammenhänge sind allerdings komplex. So haben Fachleute beispielsweise vorgeschlagen, Kunststoffe künftig auf Basis biogener Rohstoffe herzustellen und die Produkte nach dem Ende ihrer Nutzungsdauer zu deponieren – so könnte CO2dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt werden. Der Nachteil dabei wäre freilich, dass ständig neues Material produziert werden muss. Niederländische Forscher um Paul Stegmann (Utrecht University) haben sich nun angesehen, wie sich dabei ein Kreislaufsystem auswirken würde – unter der Annahme, dass die Kunststoffproduktion auch weiterhin stark wächst (Nature 612, 272). Sie kamen zu dem Ergebnis, dass ein vollständiges Recycling von Bioplastik den Kunststoffsektor langfristig von einer CO2-Quelle zu einer -Senke machen könnte.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2023)

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