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Angebote gibt es viele: Wie kann ich entscheiden, welcher Coach seriös ist?
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Serie: Gefühlssache

Was macht ein Coachingangebot seriös?

Coaching-Angebote gibt es viele, die Bandbreite reicht von professionell über unseriös bis hin zu gefährlich. Woran man qualitative Angebote erkennt, und was passieren kann, wenn man an die falschen Anbieter gerät.

Die Einladung zur Selbstverbesserung liegt überall: Ernährung, Karriere, Selbstbewusstsein, Finanzen oder Persönlichkeit - mittlerweile wird potenziell konsumfreudigen Individuen in nahezu jedem Lebensbereich angeraten, sich mittels eines entsprechenden Coachings zu verbessern.

Die Qualitätsunterschiede bei diesen Angeboten überraschen nicht, manche Anbieter sind aber nicht nur unseriös, sondern sogar gefährlich, berichtet Charlotte Raven. Sie selbst kam 2016 zum ersten Mal mit Coaching in Berührung. Zu einer Zeit, in der sie depressiv war und regelmäßig Drogen konsumierte, stieß sie auf die Inhalte von Joe Dispenza, einem Online-Guru, der verspricht in seinen Meditationen das Potenzial zur Selbstheilung freizusetzen. Schritt für Schritt rutschte Raven in die Community, zahlte jede Menge Geld für Online-Kurse, Coachings und Heilungsrituale und begann irgendwann, sogar selbst in der Szene zu arbeiten und als Coach zu arbeiten.

Pseudowissenschaft und Spiritualität

In der Szene der New-Age-Spiritualität, in der sich Raven bewegte, sind Qualitätsmerkmale eine Seltenheit. Oft ähneln die Gruppierungen nicht grundlos Sekten oder Kults. Das Gedankengut hat seinen Ursprung in der sogenannten „Neugeist-Bewegung“ (auf Englisch „New Thought Movement“), einer spirituellen Lebensphilosophie, die Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere in den USA populär wurde. Hier wird dem eigenen Denken schöpferische Macht zugeschrieben, die sogar Krankheit heilen kann und außerdem für Wohlstand und Glück sorgt. Gutes, das einem zustoße, sei es in Form von finanziellem Erfolg, Gesundheit oder Glück, sei vom eigenen Denken lenkbar.

Im Kern haben sich diese Gedanken bis heute im liberal-kapitalistischen amerikanischen Traum des Aufstiegs vom Tellerwäscher zum Milliardär gehalten. Auch populäre pseudowissenschaftliche Lebensphilosophien wie das Gesetz der Anziehung haben in letzter Zeit wieder vermehrt Zuspruch gefunden - etwa in Form des auf Social Media beliebten Hashtags #luckygirlsyndrom. Und gerade in Szenen, wie Finanz- oder Investmentcoaching wird mit dem Verkauf von Vorträgen, Strategien und Coachings deutlich mehr verdient, als mit der tatsächlich richtigen Anlegestrategie.

Durch geschicktes Marketing und Verkaufstaktiken, mit denen bereits bestehenden Kunden immer weitere Produkte nahegelegt werden, ohne dass die erhofften positiven Resultate eintreten, verlieren viele Kundinnen und Kunden nicht nur jede Menge Geld, sondern auch sich selbst.

Die Serie „Gefühlssache“ erscheint immer mittwochs und beschäftigt sich mit Themen rund um zwischenmenschliche Beziehungen, Sexualität und Selbstliebe. Alle Texte finden Sie unter diepresse.com/gefuehlssache. Bei Fragen, Anmerkungen, Themenvorschlägen und Kritik schreiben Sie uns gerne an diese E-Mail-Adresse: schaufenster@diepresse.com.

Vom Business zum Beruf

Raven ging sogar irgendwann dazu über, selbst in der Szene zu arbeiten: „Das ist natürlich völliger Quatsch, weil man gar kein Fachwissen hat, und anderen gar keine Hilfe sein kann.“ Schon damals kamen ihr Zweifel, den Schritt aus der Szene schaffte sie erst durch die Geburt ihres Kindes: „Man ist ab einem gewissen Punkt so tief drin, dass man nicht mehr so einfach rauskommt. Das Geschäftsmodell ist davon abhängig, die eigenen Finanzen, das Netzwerk, die sozialen Kontakte, und dann geht man halt einfach nicht mehr raus.“ 

Mittels Multi-Level-Marketing, bei dem Kundinnen und Kunden nahegelegt wird nicht nur Käufer, sondern auch Verkäufer zu sein, werden viele Gecoachte sogar selbst zum Coach - die zugehörige Ausbildung gilt es freilich vorher erst zu absolvieren und zu bezahlen. Eine Investition, die sich, wie bei solchen Geschäftsmodellen üblich, nur selten lohnt.

Durch Coaching selbst zum Coach zu werden, ist für Waltraud Schachner, Lehrgangsleiterin am Wifi Wien, „höchst unseriös“. Sie bildet seit 2009 zum Businesscoach aus. Im Zuge der Ausbildung wird großer Wert auf Persönlichkeitserfahrung, ein Mindestalter, Berufserfahrung und entsprechende externe Zertifizierungen gelegt, sowohl des Lehrgangs, als auch der Coaches im Laufe der Ausbildung.

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