Betrug

Schwarzarbeit wird professioneller

Bereits 2021 wurde im Amt für Betrugsbekämpfung die Soko Scheinunternehmen gegründet.
Bereits 2021 wurde im Amt für Betrugsbekämpfung die Soko Scheinunternehmen gegründet.
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Immer öfter vertuschen komplexe Geflechte aus Scheinfirmen und Fake-Rechnungen, wie Firmen Mitarbeiter illegal beschäftigen. Dem Finanzminister entgehen so Hunderte Millionen.

Es sei ein Zufall gewesen, dass ein pensionierter Buchhalter in Wien von der Finanzpolizei kontrolliert wurde, sagt der Leiter der Finanzpolizei, Wilfried Lehner. Was sich den Beamten dabei offenbarte, war überraschend. Sie fanden Unterlagen von 38 Scheinfirmen und Scheinrechnungen in Millionenhöhe. Und das ist nur der derzeitige Stand. Die Auswertungen laufen noch.

Der Fall ist nur einer von vielen, die eindrücklich zeigen, welch professionelle Strukturen Schwarzarbeit annimmt. „Dort werden Millionen gewälzt“, sagt Lehner. Das Vorgehen dabei ist raffiniert: Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden als Teilzeitbeschäftigte bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) angemeldet und die entsprechenden Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer entrichtet. Doch gearbeitet wird deutlich mehr und die Beschäftigten erhalten auch mehr Lohn – diesen dann aber bar und unversteuert. Um das Ganze in der Buchhaltung unterzubringen, werden Scheinrechnungen von Scheinfirmen produziert. Das Unternehmen mit illegal Beschäftigten überweist an die Scheinfirma das Geld, erhält dieses jedoch in bar von Hintermännern zurück abzüglich einer „Bearbeitungsgebühr“. Damit wird dann der restliche Lohn in bar und unversteuert gezahlt. Hinterzogen werden Sozialabgaben, Lohnsteuer, Umsatz- und Ertragssteuer.

Schaden von 100 Millionen Euro

Schwarzarbeit und illegale Arbeiterbeschäftigung haben extrem zugenommen, sagt Lehner. Der klassische Pfusch, also Schwarzarbeit im kleineren Rahmen, habe sich hingegen kaum verändert. „Organisierte und bandenmäßige Schwarzarbeit haben wir konkret im Fokus.“ Daher ermittelt die Finanzpolizei derzeit in mehreren Fällen gemeinsam mit Steuerfahndung sowie Landes- und Bundeskriminalamt zu österreichweiten Betrugsfällen mit Schadenssummen von weit mehr als 100 Millionen Euro. Bereits 2021 wurde im Amt für Betrugsbekämpfung die Soko Scheinunternehmen gegründet, die die Betrugsbekämpfungseinheiten bündeln soll.

Eine Studie der Johannes-Kepler-Universität Linz prognostiziert, dass heuer das Volumen der Schattenwirtschaft von 28,82 Mrd. Euro auf 31,67 Mrd. Euro anwachsen wird. Das wären rund 6,9 Prozent der für heuer erwarteten Wirtschaftsleistung. Als Grund wurden die schwache Konjunktur und die steigenden Preise gesehen. Studienautor Friedrich Schneider sah die Lösung für das Problem in erster Linie bei der Senkung der Lohnnebenkosten. Vor allem Branchen mit einem hohen Personalkostenanteil fallen der Finanzpolizei immer wieder auf. Dabei handelt es sich um Bauunternehmen, Paket- und Lebensmittelzusteller oder Reinigungsfirmen.

Betrug bei Coronahilfen

Finanzminister Magnus Brunner sieht die Lösung auch beim Nachschärfen der Digitalisierung. Strafen scheinen nicht ausreichend abzuschrecken. Diese beliefen sich im vergangenen Jahr auf 18,5 Millionen Euro. „Wer Steuern hinterzieht, wird hart bestraft“, sagt Brunner. „Wer seine Umsätze nicht vollständig angibt oder wer seine Mitarbeiter nicht korrekt anmeldet, der betrügt, und dagegen gehen wir konsequent vor“, so der Finanzminister weiter.

Insgesamt führte die Finanzpolizei 2022 in den Bereichen Arbeitsmarkt, Glücksspiel und Steueraufsicht rund 27.000 Kontrollen durch und überprüfte dabei mehr als 50.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Dabei waren rund 11.000 Personen illegal beschäftige EU-Ausländer beziehungsweise Drittstaatsangehörige und knapp 5000 Dienstnehmer waren nicht ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet, so zum Beispiel bei drei Covid-Laboren in Salzburg. Bei 300 Mitarbeitern kam es gleich zu 500 Delikten wie Schwarzarbeit und illegale Ausländerbeschäftigung.

Inwieweit Unternehmen bei den Coronahilfen tricksten, blieb im Detail unklar. Durch Betriebsprüfungen und Folgeprüfungen werde sich „mit Sicherheit noch einiges ergeben“, sagt Lehner. Schon jetzt würde es verstärkt zu Rückzahlungen kommen, um eine Anzeige zu umgehen. Auch im Bereich Kurzarbeit habe es viele Beanstandungen gegeben.

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