London und Brüssel beenden ihren jahrelangen Streit um den Status der einstigen Unruheprovinz Nordirland. Die Briten erwirken Erleichterungen beim täglichen Grenzverkehr, Brüssel behält die juristische Oberhand.
Brüssel/London. Normalerweise ist es nicht üblich, dass sich Ursula von der Leyen beim Aussteigen aus dem Zug fotografieren lässt. Doch am Montag am Eurostar-Bahnsteig von St. Pancras International machte die Präsidentin der EU-Kommission eine Ausnahme. Mit ihrer kurzfristig anberaumten Visite beim Premierminister Rishi Sunak und König Charles in Windsor werde ein „neues Kapitel“ eröffnet, ließ von der Leyen bei ihrer Ankunft in London wissen. Und dieses neue Kapitel umfasst nichts weniger als das Ende des Streits um Nordirland und die Chance auf eine Normalisierung der britisch-europäischen Beziehungen. „Die Presse“ beantwortet die wichtigsten Fragen zum bevorstehenden Post-Brexit-Reset.
1) Worum ging es noch einmal beim Streit um Nordirland?
Um den Umgang mit der einstigen Unruheprovinz. Das Brexit-Abkommen, das Sunaks Vorvorgänger, Boris Johnson, 2019/2020 ausgehandelt und signiert hatte, sah vor, dass Nordirland nach dem EU-Austritt an den EU-Binnenmarkt gekoppelt bleibt, um die offene Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu gewährleisten. Daraus ergab sich allerdings die Notwendigkeit, den Warenverkehr von Großbritannien nach Nordirland zu kontrollieren – eine Notwendigkeit, die London seit dem Vollzug des Brexit zu negieren versucht, indem es die Vereinbarungen des Nordirland-Protokolls nicht vollumfänglich umsetzt und mit dem Bruch des Pakts droht.