Morgenglosse

Voll in der Teilschwarzarbeit

Leiter des Amts für Betrugsbekaempfung Alfred Hacker, Finanzminister Magnus Brunner OEVP und Leiter der Finanzpolizei Wilfried Lehner
Leiter des Amts für Betrugsbekaempfung Alfred Hacker, Finanzminister Magnus Brunner OEVP und Leiter der Finanzpolizei Wilfried Lehner (c) IMAGO/SEPA.Media
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Wo die Welt zwischen Vollzeit und Teilzeit Kopf steht und sich Unternehmen dreist und kreativ vor Lohnnebenkosten drücken.

Als der Chef der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, von „Teilschwarzarbeit“ sprach, musste man am Montag im Finanzministerium gleich zweimal hinhören. Achten selbst Schwarzarbeiter jetzt auf ihre Work-Life-Balance? Hat Arbeitsminister Martin Kocher hier eine wichtige Gruppe übersehen, die er mit Vollzeit-Jobs beglücken könnte?  

Nein. Ganz im Gegenteil. Um sich vor Sozialabgaben und Lohnnebenkosten zu drücken werden Unternehmen immer raffinierter. Daher melden sie ihre Schwarzarbeiter nicht mehr gar nicht an, sondern als Teilzeitkräfte. Dafür werden sie dann aber Vollzeit bezahlt bzw. ausgebeutet.

Das läuft so: Ein Reinigungsbetrieb, Bauunternehmen oder sonstige Firma mit hohen Personalkosten meldet sein Personal Teilzeit an, lässt es aber Vollzeit arbeiten. Hier sollte man erwähnen, dass Vollzeit meist nicht mit 38,5 Stunden definiert ist, sondern eher lose mit Tag und Nacht. So ist bei einer Kontrolle von der Finanzpolizei immer jemand da, der brav bei der ÖGK angemeldet ist. Das Personal bekommt seinen Lohn bar auf die Hand. Dafür braucht das Unternehmen logischerweise Bargeld. Blöderweise ist ja inzwischen alles digital. Daher muss mit der Buchhaltung getrickst werden. Also wird eine Scheinfirma gegründet, die eine Rechnung für irgendwelche nebulösen Aufträge stellt. Die werden bezahlt und Hintermänner bringen dann das Bargeld wieder zur Firma. (Ob diese Hintermänner jetzt Vollzeit- oder Teilzeit beschäftigt sind, blieb unklar. Aber die bekommen wahrscheinlich auch ein bisschen Geld. Das dürfte aber weniger sein als die Lohnnebenkosten, sonst würde sich der ganze Aufwand nicht lohnen.)

Manche Firmen geben ihre Aufträge gleich an Subunternehmen weiter, damit man später besser vortäuschen kann, von nichts gewusst zu haben. Zur Erinnerung: Hygiene Austria war hier ein Paradebeispiel. Der Maskenhersteller hatte Leiharbeitsfirmen beauftragt, die wiederum Leiharbeitsfirmen beauftragt hatten, die über die Existenz eines Briefkastens nicht hinausgingen. Einer Subfirma bediente sich auch ein Reinigungsunternehmen in Innsbruck, das eine Polizeidienststelle reinigte. Chapeau. Das muss man sich erst einmal trauen. Das ganze flog allerdings auf. Jetzt wird ermittelt wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche.  

Manche Unternehmen sind sogar so findig, dass sie ihre Arbeiter:innen gleich zu eigenen Unternehmen machen. Damit wollen sie den ganzen Abgabenkram auf die Arbeiter selbst auslagern. Paket- oder Essenszusteller sind dann selbstständige „Unternehmerchefs“ und müssen in ihren eigenen Wagen und ihre Arbeitskleidung „investieren“. Arbeiten aber Vollzeit nur für einen Arbeitgeber. Hier wird kein Unternehmertum verhindert, das ist schlichtweg illegal.

Aber immerhin man kann nicht sagen, den Unternehmen würde nichts einfallen. Schade, dass all die Kreativität, die hier die Lohnnebenkosten in Unternehmen freisetzen, nicht in innovative Produkte oder Digitalisierung gesteckt wird.

Ob es den Finanzminister tröstet, dass Schwarzarbeiter immerhin Teilzeit gemeldet sind und ob es den Arbeitsminister tröstet, dass mehr gearbeitet wird, als angenommen? Mit Sicherheit nicht.

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