Strache: "FPÖ-Ausländerpolitik wird nicht verschärft"

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Der FPÖ-Chef stellt sich gegen die Ankündigung seines Parteikollegens Graf. Im Schulbereich kann sich Strache vorstellen, Direktoren von den Eltern wählen zu lassen. Eine Abschaffung der Wehrpflicht lehnt er weiter ab.

Die FPÖ tritt für eine Volksabstimmung über die Wehrpflicht ein, lehnt deren Abschaffung aber ab. Das bekräftigte FP-Obmann Heinz-Christian Strache am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". In der aktuellen Bildungsdebatte kann sich Strache vorstellen, die Direktoren künftig durch Lehrer und Eltern wählen zu lassen. Die kürzlich vom dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) angekündigte Verschärfung der blauen Ausländerpolitik wird es laut Strache nicht geben.

"Wenn ich eine Brandschutzversicherung habe und es 30 Jahre nicht brennt, gehe ich nicht her und schaffe die Brandschutzversicherung ab", kritisierte Strache die aktuelle Wehrpflicht-Debatte. Er selbst sei ein "grundsätzlicher Befürworter der Wehrpflicht", betonte der FP-Chef und warnte in diesem Zusammenhang auch vor einer Bedrohung des Zivildienstes.

Strache befürchtet "Integrationsdefizite"

Zudem habe die Abschaffung der Wehrpflicht in Frankreich gezeigt, dass es "Integrationsdefizite" gebe, wenn Zuwanderer nicht mehr ihre "Staatsbürgerpflicht" erfüllen müssten. Außerdem würde ein Berufsheer deutlich mehr Geld kosten, so Strache: "Wir müssen doch bitte der Bevölkerung die Wahrheit sagen und nicht so tun, als würden hier Kosten minimiert werden."

"Kinder als Leistungsträger erziehen"

In der Bildungspolitik forderte Strache das Festhalten an Hauptschule und Gymnasium und kritisierte, dass das differenzierte Schulsystem "offenbar nicht differenziert genug" sei. "Wir wollen unsere Kinder als Leistungsträger erziehen" und für ein Gesellschaftssystem vorbereiten, wo Leistung wichtig sei, so Strache. Er forderte außerdem eine verpflichtende Vorschule für Kinder mit mangelhaften Sprachkenntnissen. Vorstellbar wäre aus Sicht des FP-Chefs auch, dass Eltern und Lehrer die Schuldirektoren demokratisch wählen, um den politischen Einfluss bei der Direktorenbestellung zurückzudrängen.

Strache will FPÖ zur stärksten Partei machen

Strache hofft, die FPÖ bei der nächsten Nationalratswahl zur stärksten Partei machen zu können. Es brauche einen "großen positiven Umbruch" und den könne es nur geben, wenn SPÖ und ÖVP gemeinsam nicht mehr über 50 Prozent kämen. Abgelehnt wird von Strache die vom dritten Nationalratspräsidenten Graf am vorigen Sonntag angekündigte Verschärfung des Ausländerkurses beim nächsten Parteitag: "Es wird mit Sicherheit keine Verschärfung geben, da ist der Begriff einfach der falsche. Es braucht keine Verschärfung."

Dass es sich bei seinem Auftritt mit Burschenschafter-Kapperl in der israelischen Holocaust-Gedenktstätte Yad Vashem um eine bewusste Provokation gehandelt habe, wies Strache zurück: "Es hätte genau so gut ein Steirerhut sein können und wäre keine Provokation gewesen." Auch sei sein Besuch in Israel nicht gegen den Islam gerichtet gewesen. Die FPÖ sei nicht gegen den Islam, sondern gegen den politischen Missbrauch der Religion für Fundamentalismus und Gewalt.

Reaktionen: Strache als "Reformblockierer"

Die politische Konkurrenz konnte Straches Auftritt wenig Positives abgewinnen. SP-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas beurteilte die Aussagen Straches als "ideenlos und unglaubwürdig". ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger forderte den FP-Chef auf, aus dem "Blockadeeck" zu kommen. Die Grünen sehen Strache dagegen "im politischen Neandertal" und das BZÖ entdeckt im FP-Chef den "einzig wahren Nachfolger von Fritz Neugebauer als Reformblockierer Nummer 1".

Rudas kritisierte, dass Strache weder bei Bildung, noch Integration oder Wehrpflicht neue Ideen vorgeschlagen habe. Stattdessen versuche er sich vom früheren FP-Spitzenpolitiker Karl-Heinz Grasser zu distanzieren und kündige ein Treffen mit Hisbollah-Abgeordneten an, kritisierte Rudas: "Wer sich gegen eine gerechte Vermögenssteuer stellt und gegen eine Reform des Bundesheeres, wer mit einem Burschenschafter-Käppchen die jüdische Gedenkstätte Yad Vashem besucht und wer schwarz-blauen Sozialabbau im FP-Vorstand mitgetragen hat, hat seine Glaubwürdigkeit mehrfach verspielt."

VP-Generalsekretär Kaltenegger fordert den FP-Chef auf, nicht nur Fundamentalopposition zu betreiben, sondern in eine konstruktive Sachdiskussion einzusteigen. "Es ist höchste Zeit, dass die Opposition endlich aus dem Blockadeeck kommt. Wenn wir die großen und notwendigen Reformen endlich umsetzen wollen, brauchen wir konstruktive Kräfte im Parlament." Strache müsse seinen konstruktiven Worten auch Taten folgen lassen und mit den Regierungsparteien zusammenarbeiten. Auch die anderen Oppositionsparteien seien eingeladen sich aktiv einzubringen.

Für Grünen-Vizeklubchef Werner Kogler gibt sich Strache zwar modern, bleibt in seinen Positionen aber "stockkonservativ bis reaktionär". Sowohl in der Frage der Abschaffung des Bundesheeres als auch in der Schulreform vertrete der FP-Chef rückwärtsgewandte Positionen: "Eine Vorstellung von der Zukunft des Landes hat Strache heute einmal mehr nicht vermitteln können." Straches Auftritt in Yad Vashem bezeichnete Kogler als "pietätlos".

BZÖ-Generalsekretär Christian Ebner kritisierte, dass die FPÖ zwar Missstände kritisiere, im Fall des Falles aber gegen die nötigen Reformen sei. Strache entwickle sich immer mehr zum einzig wahren Nachfolger von Fritz Neugebauer als Reformblockierer Nummer 1, so Ebner in einer Aussendung angesichts von Straches Aussagen zu Wehrpflicht und Bildung. "Alles muss besser werden, aber nichts darf sich verändern. Diese FPÖ-Politik kann in der Realität niemals funktionieren", so Ebner, der einzig die Zustimmung der FPÖ zum orangen Untersuchungsausschuss in der Causa Grasser lobte.

(APA)

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