Morgenglosse

Sahra Wagenknecht und die hoffnungslos verlorene Diplomatie

(c) IMAGO/Future Image (IMAGO/Jean MW)
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Die Linkspolitikerin und Ikone der Friedensbewegung wird mit einem unangenehmen Zitat konfrontiert.

Es ist ein alter Kalauer, dass das Archiv die Rache der Journalisten an den Politikern ist. Nun traf es Sahra Wagenknecht, die Parlamentarierin der deutschen Partei Die Linke. Die 53-Jährige steht an der Spitze einer Bewegung, die Frieden in der Ukraine auch erzwingen will, in dem sie den Verteidigern weitere Waffen verwehrt. Wenige Tage vor dem russischen Überfall vor einem Jahr saß sie in der Talkshow „Anne Will" und weigerte sich erbost, einen Angriffswillen auf die Ukraine überhaupt erkennen zu können. „Was hier teilweise herbeifantasiert wird“, sagte sie.  

„Wir können heilfroh sein, dass Putin nicht so ist, wie er dargestellt wird. Nämlich ein durchgeknallter russischer Nationalist, der sich berauscht, Grenzen zu verschieben. Wenn das so wäre, dann wäre es tatsächlich so, dann wäre die Diplomatie hoffnungslos verloren und ich möchte mir nicht ausmalen, wie lange Europa noch bewohnbar wäre“, so das ganze Zitat.

Am Montagabend hallte es durch ein anderes Talkshow-Studio, jenes von „hart aber fair“. Dort saß Wagenknecht und wurde gefragt, wie sie denn damals sagen konnte, wenn Putin angreife, sei die „Diplomatie hoffnungslos verloren“ - und heute ausschließlich auf Diplomatie setze. Sie wich aus und sprach lieber über Putins geostrategische Interessen.

Wagenknecht ist nicht die Einzige, die sich in der Bewertung des Kremls und bei Putins Plänen geirrt hat. Interessant sind ihre Sätze aus dem vergangenen Frühjahr allemal. Putin hat mit der kriegerischen Übernahme ukrainischen Landes klar gemacht, er will Grenzen verschieben. Im Sommer 2021 brachte er seine großnationale Ideologie zu Papier. Die Diplomatie, sie müsste laut Wagenknecht also verloren sein.

Oder glaubt sie am Ende Putins eigenen Worten nicht? Sieht sie den Zweck des russischen Angriffs nicht darin, die Ukraine zu kontrollieren? Wie in der Pandemie ist es auch bei der Friedensbewegung nicht sinnvoll, die Unsicherheit eines Teils der Bevölkerung in einer Schublade wegzusperren, die wahlweise mit links oder rechts beschriftet ist. Es ist aber auch ratsam, genau hinzuhören. Und ab und zu im Archiv nachzuschauen.

Hart aber fair vom 27. Februar 2023

Putins Essay zur „historischen Einheit von Russen und Ukrainern" (Kreml-Übersetzung, Englisch, 12. Juli 2021)

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