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Ist Skifahren überhaupt noch zeitgemäß?

Schöner Winter, hübsche Lifte. Aber ist Skifahren in einer sich erwärmenden Alpenwelt überhaupt noch zeitgemäß?
Schöner Winter, hübsche Lifte. Aber ist Skifahren in einer sich erwärmenden Alpenwelt überhaupt noch zeitgemäß?(c) REUTERS
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Es ist nicht kalt genug. Wie bedroht ist der Wintersport? Sogar Athleten schlagen Alarm.

Anfang Jänner wusste ich noch nicht, ob ich 2022/23 Ski fahren würde. Österreich bot nichts als weiße Bänder in schmutziger Landschaft. „Am 20. Jänner Hahnenkamm. Und Skiurlaub. Wird das alles abgesagt?“, fragte das elfjährige Kind. „Nein, das Wetter hat noch ordentlich Zeit, wieder kalt zu werden“, antwortete das 13-jährige Kind. So geschah es. Ein Winter legte sich übers Land.

Ich fuhr mit ihnen an drei aufeinanderfolgenden Tagen in drei salzburgnahe Skigebiete. Die Sonne brannte, doch es blieb halbwegs kalt. Wir bretterten durch die passabel verschneite Landschaft. Vor allem in niedriger gelegenen Gebieten war es allerdings für die Ausbildung einer festen, kompakten Schneedecke schon zu spät. Die warmen Temperaturen hatten ein Stück Alpenwinter weggefressen; die künstlichen Speicherseen zeugten mit ihren verräterisch tiefen Niveaus von alpiner Trockenheit. Veränderung der natürlichen Hydrologie durch Abermillionen Liter Speicherwasser, rundum ausgefräste Landschaften, planierte Böden, gerodete Wälder.

Die Ferien endeten, eine Skiweltmeisterschaft begann. Solche Veranstaltungen, Übertragungsspektakel als Visitenkarte der Tourismusindustrie, überzeugen nicht nur meine Kinder vom gesellschaftlichen Stellenwert des Wintersports. Der junge österreichische Skirennläufer Julian Schütter reiste trotz Verletzung zur WM an, im Gepäck einen offenen Brief an den Weltverband FIS, mitunterschrieben von Athleten wie Shiffrin, Pinkelnig, Brignone oder Aamodt Kilde: „Der Wintersport ist bedroht.“ Bald würden wir in vielen klassischen Destinationen nicht mehr jene Temperaturen haben, die Kunstschneeerzeugung erlaubten.

Schütters Text forderte von der FIS ein Ende der unzureichenden Klimapolitik und schlug u. a. vor, Überseerennen terminlich zusammenzulegen und eine Nachhaltigkeitsabteilung zu schaffen. Der FISPräsident verhinderte die Präsentation des Briefs im Pressezentrum der Weltmeisterschaft, nahm ihn nicht einmal selbst entgegen und äußerte sich in Interviews zufrieden darüber, dass der Weltverband eh bereits ausreichende Anstrengungen unternehme. Exemplarische sogar! 

("Die Presse Schaufenster" vom 24.03.23)

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