Die Serie „Luden – Könige der Reeperbahn“ führt in eine Ära zurück, in der Prostitution als Befreiung von der Spießbürgerlichkeit interpretiert wurde. Gut gespielt.
„Wenn du das freiwillig machst, warum brauchst du dann einen Luden?“ So fragt der junge Klaus Barkowsky, Sohn des Hausmeisters der Hamburger Kunsthalle und Taugenichts mit dem Traum, selbst Künstler zu werden. In der 24-Stunden-Kneipe Elbschlosskeller trifft er die reife Prostituierte Jutta, die seine naive Frage beantwortet. „Wenn du in diesem Geschäft arbeitest, brauchst du einen Mann. Ganz so wie solide Frauen einen Chef brauchen.“ Barkowskys unschuldige Replik: „Und wer beschützt dich vor ihm?“
Die Geschichte, die Niklas J. Hoffmann und Rafael Parente in ihrer sechsteiligen Serie „Luden – Könige der Reeperbahn“ erzählen, fokussiert auf den moralischen Ab- und materiellen Aufstieg Barkowskys. Unter Anleitung der abgebrühten Jutta wird er in den 1970er- und 1980er-Jahren zur großen Nummer in Hamburgs Zuhälterszene. Als Gründer der „Nutella-Bande“ sammelt er nicht nur Geld, sondern auch Spitznamen wie „Der schöne Klaus“. Oder „Lamborghini-Klaus“ – weil er sich einen solchen anschafft, um nie mehr „überholt werden zu können“.
Der knallige Serientitel weckt Befürchtungen. Über das Gunstgewerbe, das angeblich so alt wie die Menschheit ist, haben sich Philosophen, Soziologen, Künstler – und natürlich Geschäftemacher – Gedanken gemacht. Für Verklärung der harten Meile sorgte früh Hans Albers, im Lied „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“. Ab 1968 auch die „sexuelle Revolution“. Sie feierte das menschenverachtende Geschäft als Akt der Befreiung von der Spießbürgerlichkeit. Wolf Wondratschek verfasste Bordelllyrik, die in der legendären Herbertstraße ordinierende Domenica hatte es ihm besonders angetan. Zitat: „Ihr Gang wirkte wie die Fortbewegung einer tropischen Schlingpflanze.“