Roman

Missglückte Trennung: Eine Mauer im Wohnzimmer

(c) Alberto Novelli
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Die deutsche Autorin Franziska Gerstenberg beschreibt in ihrem Roman „Obwohl alles vorbei ist“ den ebenso mutigen wie erfolglosen Versuch eines Familienlebens.

Charlotte und Simon stehen am denkbar schlechtesten Ausgangspunkt für eine Beziehung, die gelingen und halten soll. Für Charlotte gehört zur „glücklichen Beziehung“ noch schleunigst ein Kind, damit sie eine „richtige Familie“ haben können. Simons Einwände ignoriert sie, das Familienleben geht vor – trotz beidseitiger existenzieller Unsicherheiten. Die Tochter wird geboren, Charlottes ehemaliges Elternhaus bezogen. Als dann das zweite Kind – der Sohn, der vermeintliche „Beziehungsretter“ – auf die Welt kommt, steht die Familie bereits vor dem Kollaps.

Die deutsche Autorin Franziska Gerstenberg bringt daher die Protagonisten ihres Romans „Obwohl alles vorbei ist“ auf eine wagemutige Idee. Damit alle im Haus wohnen bleiben können und keine Trennung durchgezogen werden muss, werden die Räume aufgeteilt und, Jahre nach dem Mauerfall, Linien durchs Haus gezogen. Die Konstellationen heißen ab sofort Mutter und Sohn sowie Vater und Tochter. Als ob sich die Ost-West-Spaltung wiederholte. Gruselig genug ist die Vorstellung, wie man einander im selben Haus begegnet, aber nicht miteinander lebt. Und was macht eine solch rigorose Teilung mit den Menschen?

Vor allem Charlotte stellt das vor Herausforderungen. Sie ist ein sehr unsicherer Mensch, der sich und seinen Ansprüchen nicht genügt. Sie meint, sie kann erst mit einem anderen Menschen, einem Partner, den sie liebt, und der sie liebt, glücklich werden; „ganz“ fühlt sie sich erst mit einer „anderen Hälfte“. Dann könne ihr „nichts mehr passieren“. Simon fragt zurück, was ihr denn je passiert sei, wovor sie durch einen anderen Menschen beschützt werden müsse – darauf weiß sie keine passende Antwort.

Franziska Gerstenberg legt einen spannenden und emotional aufgeladenen Roman vor, der sich über Jahrzehnte spannt. Darin untersucht sie die Angst der Menschen vor ihrer eigenen Unzulänglichkeit, vor dem Scheitern von Beziehungen sowie vor dem Alleinsein – eine Mauer in der Mitte zweier verfeindeter Parteien hat aber auch noch nie geholfen, um Probleme aus der Welt zu schaffen.

Franziska Gerstenberg: „Obwohl alles vorbei ist“, Schöffling Verlag, 296 Seiten, 24,70 Euro

Literaturhinweis

  • Obwohl alles vorbei ist, Franziska Gerstenberg, Schöffling Verlag, 296 Seiten, 24,70 Euro
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