Landtagswahl

Kärnten-Wahl: SPÖ stürzt dramatisch ab, ÖVP überrascht

Fast neun Prozentpunkte weniger für Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).
Fast neun Prozentpunkte weniger für Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).APA/Helmut Fohringer
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Die SPÖ verliert unerwartet deutlich, die ÖVP legt entgegen aller Prognosen zu. Die Grünen und die Neos verpassen den Einzug in den Landtag einmal mehr. Die „Presse“ berichtet live.

Kärnten ist anders, lautet eine verbreitete Volksweisheit. Heute, Sonntag, traf sie jedenfalls zu. Denn die 428.929 wahlberechtigten Kärntnerinnen und Kärntner haben anders votiert, als es von so manchem Wahlforschenden prognostiziert wurde.

Schrammte Landeshauptmann Peter Kaiser 2018 mit seiner SPÖ nur knapp an der absoluten Mehrheit vorbei, stürzte er nun von den 47,94 Prozent um rund neun Prozentpunkte ab: Er landete auf 38,9 Prozent und verfehlte damit sein Wahlziel von „mehr als 40 Prozent“ klar. Zugleich hat er damit als einziger Spitzenkandidat ein Minus vor dem Ergebnis. Die Verhandlungen über die künftige Landesregierung will er dennoch führen, immerhin hätte sich die Mehrheit der Bevölkerung für Rot entschieden. In den kommenden Tagen will er erste Gespräche führen – auch mit der FPÖ.

Erwin Angerer ging im südlichsten Bundesland erstmals als Spitzenkandidat ins Rennen und baute die 22,96 Prozent der FPÖ von 2018 ein wenig aus. Zwar ist der Zuwachs nicht so groß, wie es sich der Bürgermeister von Mühldorf erhofft hatte - er wollte an die 27 Prozent -, trotzdem handelt es sich bei den rund 24,5 Prozent um das beste blaue Ergebnis in der Zeit nach Jörg Haider

Die Überraschung des Urnengangs war die ÖVP: Der Juniorpartner aus der aktuellen bzw. nun ablaufenden Landesregierung legte zu und landete auf stabilen 17,1 Prozent – obgleich Umfragen die Volkspartei auf Platz vier bzw. teilweise gar im einstelligen Prozentbereich verortet hatten. Für Frontmann Martin Gruber ein Ergebnis, das ihn „demütig und dankbar“ machte. Und Grund zum Feiern gibt: Während die SPÖ ihre Wahlparty absagte, organisierte die ÖVP kurzfristig eine solche. 

Kaisers ehemaliger SPÖ-interner Widersacher und nunmehriger Obmann des Team Kärnten, Gerhard Köfer, wollte zweistellig werden – und hat geliefert. Während die Truppe um den Bürgermeister von Spittal an der Drau 2018 gerade 5,67 Prozent holte, wurden es nun 10,1 Prozent. 

Ein hartes Pflaster ist und bleibt Kärnten für die Grünen, die bei der vergangenen Wahl immense 8,98 Prozentpunkte (vor allem an die SPÖ) verloren und in der Folge aus dem Landtag geflogen sind. Sie landeten bei mageren 3,12 Prozent. Fünf Jahre später sieht es mit 3,8 Prozent ein wenig besser aus, allerdings reichen die knapp vier Prozent nicht aus, um die Biobäuerin und Nationalratsabgeordnete Olga Voglauer ins Landesparlament zu bringen.

Noch nie den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde in den Landtag geschafft haben die Neos – und dabei bleibt es vorerst auch: Die Partei, die 2018 nur auf 2,14 Prozent kam, legte mit Janos Juvan an der Spitze zwar ein wenig auf 2,6 Prozent zu, muss sich aber dennoch weiter gedulden.

Ebenfalls auf den landesweiten Stimmzetteln standen die „Vision Österreich“ von Rechtsanwalt Alexander Todor-Kostic, eine Partei, die aus der impfkritischen MFG (Menschen Freiheit Grundrechte) hervorgegangen ist, und das „Bündnis für Kärnten“, eine freiheitliche Splittergruppe. Erstere schafften aus dem Stand 2,4 Prozent, letztere blieben mit nur 0,4 Prozent deutlich dahinter.

Koalition ohne SPÖ möglich

Wie bisher sind damit vier Parteien im Landtag vertreten: Die SPÖ kommt auf 15 Mandate – das sind drei weniger als bisher. Die FPÖ legt auf zehn Plätze zu, die ÖVP bleibt bei sechs Sitzen im Landtag und das Team Kärnten baut von drei auf fünf Mandate aus. Für eine Koalitionsmehrheit brauchen die Parteien zumindest 19 Mandate. Hier gibt es vier mögliche Varianten: Die bisherige Koalition von SPÖ und ÖVP kommt künftig auf 21 Mandate – drei weniger als bisher.

Daneben ginge sich eine SPÖ-FPÖ-Koalition aus – sie hätte sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Auch mit dem Team Kärnten könnte die SPÖ, jedenfalls mathematisch betrachtet, eine Koalition bilden. Und: Soagr eine Regierung ohne SPÖ ist möglich: Freiheitliche, ÖVP und Team Kärnten kommen zusammen auf 19 Mandate.

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