Junge Forschung

Wie Wasser die Welt formt

Simon Schorn untersucht Gesteinsproben aus der ganzen Welt. Derzeit forscht er an der Uni Graz.
Simon Schorn untersucht Gesteinsproben aus der ganzen Welt. Derzeit forscht er an der Uni Graz. © Helmut Lunghammer
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Der Geologe Simon Schorn untersucht Prozesse, die während der Gebirgsbildung in der Erdkruste ablaufen. Dabei spielt die Dichte des Gesteins eine Schlüsselrolle – und Wasser.

Tief in der Erdkruste, der äußeren Hülle unseres Planeten, herrschen Drücke von mehreren Zehntausend Bar. Außerdem kann es hier über 900 Grad Celsius heiß werden. „In den Millionen von Jahren, in denen sich Gebirge langsam auffalten, werden Gesteine von anderen Schichten überlagert und zusammengepresst“, sagt Simon Schorn. „Mich faszinieren die Umwandlungsprozesse, die die verschiedenen Bestandteile der Erdkruste dabei stetig verändern.“ Schorn ist Postdoc am Institut für Erdwissenschaften der Uni Graz und erforscht, was unter dem Boden unter unseren Füßen vor sich geht.

Aufschluss darüber gibt das Produkt dieser Wandlungen, das sogenannte metamorphe Gestein. „Durch thermodynamische Modellierungen von Gesteinsproben lassen sich die Druck- und Temperaturverhältnisse, denen es ausgesetzt war, berechnen.“ Diese prägen seine Eigenschaften, etwa seine Dichte. „Zum Beispiel bestehen sowohl Diamanten als auch Graphit aus Kohlenstoff, sind aber völlig verschiedene Materialien. Aufgrund ungleicher geologischer Bedingungen unterscheidet sich nämlich ihre atomare Anordnung“, veranschaulicht der Forscher. „Die Kohlenstoffatome beim Diamanten sind dichtgepackt, weil sie unter gewaltigem Druck und extrem hohen Temperaturen zusammengequetscht worden sind. Bei graphithaltigem Gestein hingegen waren Druck und Temperatur viel geringer.“

Mutter zeigte Tiere, Pflanzen und Steine

Herauszufinden, aus welchen Tiefen Gesteine stammen und wie die Druck- und Temperaturzunahme in der Erdkruste verläuft, sei wichtig für das Verständnis der Gebirgsentstehung. Ihr zugrunde liegen Bewegungen der Erdplatten, für welche u. a. die Dichte des Gesteins ausschlaggebend ist. „Je dichter es ist, desto tiefer kann es absinken.“

Die Liebe zu den Naturwissenschaften wurde dem gebürtigen Südtiroler quasi in die Wiege gelegt. „Meine Mutter hat Mathematik und Naturwissenschaften unterrichtet und mir und meinen Freunden oft in der Natur die Tiere, Pflanzen und Gesteine erklärt. Mir war früh klar, dass mein beruflicher Weg in diese Richtung gehen wird.“ Den Bachelor in Erdwissenschaften absolvierte er im norditalienischen Padua, für den Master führte ihn sein Interesse an metamorphen Prozessen nach Graz. „Auf diesem Gebiet lehrt hier ein Spezialist.“

Ein führender Experte für thermodynamische Modellierung wiederum lockte ihn zum Doktoratsstudium nach Kapstadt, Südafrika. „Das war nicht nur fachlich eine einschneidende Zeit, sondern auch eine herbe Konfrontation mit Ungleichheit, Armut und Rassismus. Neben dem PhD hatte ich dann gleich eine Portion Lebenserfahrung im Gepäck.“ Nach einem Forschungsjahr im australischen Melbourne dockte er 2020 wieder an der Uni Graz an, wo er seitdem ein vom Wissenschaftsfonds FWF gefördertes Projekt zu den Wechselwirkungen zwischen Wasser und Gestein während der Gesteinsmetamorphose leitet.

„Wasser ist essenziell für die Metamorphose. Bei den Umwandlungsprozessen wirkt es wie ein Katalysator“, sagt Schorn. Dichteunterschiede kämen so erst zustande. „Es ist unabdingbar im geologischen Materialkreislauf und beeinflusst zwangsläufig die Bewegungen der Erdplatten.“ Wenn es in der Tiefe mit Gesteinen interagiere, werde es in die Struktur wasserführender Minerale eingebaut. „Dabei wird, ähnlich wie bei aushärtendem Beton oder beim Löschen von gebranntem Kalk, Wärme frei.“ Mit Kollegen der Uni Mainz (D) arbeitet er daran, die frei werdende Wärme zu quantifizieren und ihren Effekt auf umliegende Gesteine zu verstehen. „Sie kann z. B. gewisse Isotopensysteme, die zur Altersbestimmung von Gesteinen eingesetzt werden, stören und Interpretationen von Berechnungen verzerren.“

Im Jänner wurde der Geologe mit dem Walther-E.-Petraschek-Preis der Akademie der Wissenschaften ausgezeichnet. „Die Wissenschaft ist eine kleine Welt für sich, besonders mein Spezialgebiet. Dass der Preis das Fach meiner Leidenschaft sichtbar macht, freut mich sehr“, sagt er. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit seiner Partnerin und Freunden, beim Yoga oder mit E-Gitarre-Spielen.

Zur Person

Simon Schorn (33) hat in Padua, Italien, und Graz Erdwissenschaften studiert und 2019 an der Universität Kapstadt in Südafrika promoviert. Anschließend forschte er an der Universität Melbourne (Australien). Seit Oktober 2020 ist er Postdoc am Institut für Erdwissenschaften der Uni Graz und leitet das FWF-Projekt „Zur Hydratation von hochgradig metamorphen Terranes“.

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