Die Parlamentswahl 2022 verschaffte Viktor Orbáns Regierungspartei eine Zweidrittelmehrheit, das Bündnis seiner Gegner zerbrach. Knapp ein Jahr später ist die Opposition noch zersplitterter – und ohne Aussicht, an die Macht zu gelangen.
Budapest. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in Ungarn: Wollen zwei Magyaren gemeinsame Sache machen, entzweien sie sich eher, als dass sie an einem Strang ziehen. Auch Ungarns Opposition ist da keine Ausnahme. Die Nacht nach der Parlamentswahl im April des Vorjahrs war dafür besonders bezeichnend: Nachdem sechs Oppositionsparteien ein Wahlbündnis eingegangen waren und einen gemeinsamen Spitzenkandidaten in der Person des politischen Quereinsteigers Péter Márki-Zay aufgestellt hatten, war nach der krachenden Niederlage jäh Schluss.
Márki-Zay (50), Ökonom und Bürgermeister der südostungarischen Stadt Hódmezovásárhely, sah sich gezwungen, das Wahlfiasko vor laufenden Kameras praktisch allein auszubaden. Lediglich zwei Vertreter anderer Parteien des Wahlbündnisses leisteten ihm beim öffentlichen Eingeständnis der Niederlage Beistand. Die anderen, allen voran Ex-Premier Ferenc Gyurcsány (2004–2009) und seine Frau, Klára Dobrev, glänzten durch Abwesenheit.