Deal zur Strafverfolgung russischer Kriegsverbrechen angekündigt

Von der Leyen, hier in Tallinn.
Von der Leyen, hier in Tallinn.(c) REUTERS (INTS KALNINS)
  • Drucken

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte eine Vereinbarung zur Strafverfolgung an. Ein neues internationales Zentrum soll entstehen, es soll Beweise sichern.

Bei einer internationalen Konferenz in der ukrainischen Stadt
Lwiw soll an diesem Wochenende ein erster wichtiger Schritt
unternommen werden, um Russland für Kriegsverbrechen zur
Verantwortung zu ziehen. Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen am Samstag mitteilte, wird bei der Konferenz die
Vereinbarung über die Einrichtung eines neuen Internationalen
Zentrums für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression (ICPA)
unterzeichnet.

Es soll Beweise für künftige Gerichtsverfahren sichern und am
Standort der EU-Agentur Eurojust in Den Haag angesiedelt werden.
Eurojust ist in der Union für justizielle Zusammenarbeit in
Strafsachen zuständig.

Russland und Präsident Wladimir Putin müssten für die
schrecklichen Verbrechen gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen
werden, sagte von der Leyen. Es gebe immer mehr Beweise für direkte Angriffe auf die Zivilbevölkerung sowie auf die Energieversorgung und andere Infrastruktur. Bekannt sei auch, dass russische Streitkräfte Folter, Misshandlungen, sexuelle Gewalt und Massenhinrichtungen verübt hätten. Nicht einmal Kinder würden verschont.

Ein eigenes Gericht

"Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um die Täter
vor Gericht zu bringen", erklärte von der Leyen. Die EU unterstütze
die Rolle, die dem Internationalen Strafgerichtshof dabei zukomme.
Zudem sei man aber der Ansicht, dass es ein eigenes Gericht für die
Verfolgung des russischen Verbrechens der Aggression geben müsse.
Ein erster Schritt sei die Einrichtung des neuen internationalen
Zentrums in Den Haag.

Ihren Einsatz für ein eigenes Gericht erklärte die EU-Kommission
damit, dass der Internationale Strafgerichtshof bei
Aggressionsverbrechen der höchsten politischen und militärischen
Führung Russlands nicht tätig werden kann, da Russland die
Zuständigkeit des Strafgerichtshofs nicht anerkennt. Deswegen wird
nun die Einrichtung mehrerer anderer Optionen diskutiert. Das ICPA
ist ein erster Schritt in diesem Prozess zur Sicherung von Beweisen
für künftige Gerichtsverfahren.

"Täter werden nicht ungestraft davonkommen"

Auch US-Justizminister Merrick Garland reiste überraschend zu der
Konferenz. "Wir sind heute in der Ukraine, um klar und mit einer
Stimme zu sagen: Die Täter dieser Verbrechen werden nicht ungestraft
davonkommen", sagte er mit Blick auf "russische Kriegsverbrecher".
Die Vereinigten Staaten stünden an der Seite der ukrainischen
Ermittler für Kriegsverbrechen. Seit Beginn der Invasion vor einem
Jahr habe Russland Gräueltaten im größten Ausmaß aller Konflikte
seit dem Zweiten Weltkrieg begangen.

Die Konferenz "United for Justice" (Vereint für Gerechtigkeit)
geht nach Angaben der EU noch bis Sonntag. Der ukrainische Präsident
Wolodymyr Selenskyj sagte am Freitag in seiner allabendlichen
Videoansprache, zentrales Thema sei die Verantwortung Russlands und
seiner Führung für Aggression und Terror gegen die Ukraine.

Die Regierung in Kiew habe den Weg für die Eröffnung eines Büros
des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in der Ukraine
geebnet, hieß es in Kiew. Das Kabinett habe eine entsprechende mit
dem IStGH ausgehandelte Vereinbarung gebilligt. Dadurch werde "die
Eröffnung eines Büros der Staatsanwaltschaft des Internationalen
Strafgerichtshofs in der Ukraine in naher Zukunft erlaubt".

Das höchste internationale Gericht

Der IStGH mit Sitz in Den Haag ist das höchste internationale
Gericht und verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie
Kriegsverbrechen. Er hatte kurz nach Beginn der russischen Invasion
in der Ukraine Untersuchungen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen
eingeleitet.

Da Russland den IStGH nicht anerkennt, kann der Gerichtshof zwar
mutmaßliche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
in der Ukraine untersuchen. Er kann aber nicht gegen Moskau wegen
des Verbrechens der Aggression vorgehen. Die Regierung in Kiew
drängt deshalb auf ein internationales Sondertribunal, um Russland
zur Verantwortung zu ziehen.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.