Analyse

Kärnten-Wahl: "Peter Kaiser steht da wie ein nasser Pudel"

Landeshauptmann Peter Kaiser in der SPÖ-Parteizentrale
Landeshauptmann Peter Kaiser in der SPÖ-Parteizentrale APA/GERD EGGENBERGER
  • Drucken

Eine Fortsetzung der rot-schwarzen Koalition scheint in Kärnten wahrscheinlich - doch wären auch drei andere Varianten machbar. Fix ist: Die Umfragenforschung hat sich teils blamiert.

Eine Neuauflage der rot-schwarzen Koalition scheint nach der eben geschlagenen Kärntner Landtagswahl für Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer und Politikberater Thomas Hofer am wahrscheinlichsten. Allerdings ist auch eine Dreierkoalition gegen die SPÖ aufgrund der überraschenden Zugewinne der ÖVP nicht auszuschließen, meint Bachmayer. Immerhin hätten die FPÖ und das Team Kärnten mit derartigem im Wahlkampf geliebäugelt. Nicht zufrieden sein könne für Meinungsforscher Peter Hajek die FPÖ. Denn: Auch wenn diese nun ausgebe, man habe das beste blaue Ergebnis in der Zeit nach Jörg Haider erreicht, so hätte man aus den Verlusten der SPÖ mehr machen können.

Die SPÖ liegt am Wahlabend wenig überraschend "als schwer gebeutelter Wahlsieger" auf Platz eins, sagte Hofer. Den Grund dafür müsse man in den eigenen - Kärntner - Reihen suchen, so Hajek. "Bei den Wahlmotiven gab es nur ein Asset, und das war Peter Kaiser, das Thema Teuerung kam bei den SPÖ-Wählern erst an fünfter Stelle". Überraschendster Gewinner war Sonntagabend die ÖVP. "Warum die ÖVP so zulegen konnte und sogar das Ergebnis aus der Ära Kurz toppen konnte, ist wirklich schwer zu erklären, und so ganz weiß die Volkspartei es wahrscheinlich selber nicht". Sicherlich habe die Debatte um den Flughafen eine gewisse Rolle gespielt, vielleicht habe man aber auch den Spitzenkandidaten Martin Gruber unterschätzt, so Hofer.

Wie "ein nasser Pudel" stehe Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) nun da, sagte Bachmayer. Trotzdem habe dieser noch alle Trümpfe in der Hand, und werde die Koalitionsverhandlungen wohl auch als erster aufnehmen. Am wahrscheinlichsten ist für ihn, Hofer und Hajek eine Neuauflage von Rot-Schwarz. "Allerdings glaube ich, dass sich die Machtverhältnisse hier mehr als nur um die Mandate in Richtung ÖVP verschoben haben", so Bachmayer.

Dreierkoalition aus FPÖ, ÖVP und Team Kärnten denkbar

Mit Blick auf die Bundes-ÖVP, die in den letzten beiden Jahren "durchgehend durch den Kakao gezogen worden ist", sei für ihn aber auch eine Dreierkoalition aus FPÖ, ÖVP und Team Kärnten denkbar. "Es kann gut sein, dass die Bundespartei anstachelt und sagt: Wir wollen den Landeshauptmann".

Ein schwarzer Landeshauptmann vom dritten Platz aus sei zwar "kein leichtes Stück Arbeit", aber "politische Verhandlungen führen oft zu überraschenden Ergebnissen. Mir soll keiner sagen, dass in der Politik nicht alles möglich ist", so Bachmayer mit Verweis auf Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel. Eine Dreierkoalition mit der FPÖ an der Spitze sei aber wohl ausgeschlossen, dafür gebe es für die ÖVP keinen Grund. Für Hofer ist die Möglichkeit einer Koalition gegen die SPÖ zwar nicht auszuschließen, aber wohl eher spiele man als Volkspartei nur damit "um den Preis hochzutreiben".

Eine Kärntner "Eigenheit", aber auch "der Hauptsieger der Wahl", ist für Bachmayer das Team Kärnten rund um den Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer, das sowohl von Rot als auch Blau stimmen gewinnen konnte. Letztere könnten laut Hajek mit ihrem Ergebnis insofern nicht zufrieden sein, als dass die Verluste der SPÖ deutlicher ausfielen als die Gewinne des Team Kärnten, und somit auch die ÖVP Stimmen der SPÖ gewinnen konnte, auf die es die Freiheitlichen abgesehen hätten.

Große Sorgen müsste sich die FPÖ aber nicht machen, so Hofer, da es mit dem Team Kärnten eben jenes "populistische Überlaufgefäß" gab, und die FPÖ in Kärnten von einem deutlich höheren Niveau startete als etwa in Tirol oder Niederösterreich. Außerdem sei der Spitzenkandidat Erwin Angerer deutlich schwächer, als etwa Udo Landbauer in Niederösterreich oder Marlene Svazek in Salzburg. "Dort wo es populistische Alternativen gibt, werden freiheitliche Zugewinne begrenzt ausfallen", sagte Hofer.

„Satter Bauchfleck“ der Umfragenforschung

Den Einzug in den Landtag nicht geschafft haben die Neos und die Grünen. Vor allem für letztere sei das schmerzlich, da sie im Gegensatz zu den Neos schon mal im Landtag gesessen sind, und es auch diesmal möglich gewesen wäre, sagte Hofer. Für die Grünen sei Kärnten aber immer schon ein extrem schwieriger Boden gewesen, so Hajek. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern fehlen Hotspots wie Innsbruck oder Salzburg, und über den urbanen Raum hinaus zu punkten habe man nicht geschafft. "Das ist ein ernüchterndes Ergebnis, für die Bundespartei wird daraus aber kein großer Schaden entstehen", betonte Hofer.

Deutlich daneben lagen im Vorfeld der Wahl einige Umfragen. "Satte acht oder neun Prozent sind ein satter Bachfleck" kritisierte Bachmayer, und machte vor allem den "Mix-Mode" also eine Mischung aus Telefon- und Onlineumfrage dafür verantwortlich. Diese Umfragen würden die Wahlkampfführung beeinflussen und zu einem Mobilisierungseffekt führen.

Anders sieht das Hajek, der Einfluss von Umfragen auf die Wahl sei "am Ende überschaubar gering". Eine Umfrage von ihm vor wenigen Wochen, bei der die ÖVP deutlich unter dem tatsächlichen Ergebnis lag, sei ärgerlich, und "der erste Bauchfleck seit einer Umfrage im Vorfeld der Präsidentschaftswahl vor sieben Jahren". Das sei "nicht schön, aber statistisch gesehen muss das irgendwann passieren. Es gibt in der Marktforschung das sogenannte 95-prozentige Sicherheitsniveau, das heißt: 95 Prozent der Umfragen sind richtig, fünf Prozent sind es nicht."

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.