Führungsdebatte

SPÖ-Schlagabtausch: Westen wendet sich gegen Doskozil

SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner
SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-WagnerAPA/EXPA/JOHANN GRODER
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Gerade erst ist die Kärnten-Wahl geschlagen, da branden erneut Gerüchte über die Ablöse von Pamela Rendi-Wagner an der SPÖ-Spitze auf. In Vorarlberg und Tirol setzt man sich dagegen zur Wehr.

Auch wenn das Bild ein wenig hinken mag: Die Führungsdebatte in der SPÖ köchelt hinter vorgehaltener Hand weiter. Anders gesagt: Obwohl nach außen hin eine Art selbstauferlegter Maulkorb propagiert wird - man wolle aus Fairnessgründen vor der Landtagswahl in Salzburg nichts anzünden, heißt es -, wird gemunkelt, ob die Tage von Pamela Rendi-Wagner an der Spitze der Sozialdemokraten gezählt sind. Klar gegen sie Stellung beziehen wollte am Montag vorerst aber niemand, dafür brandete Kritik an Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil auf.

Doskozil gilt bekanntermaßen als Kritiker Rendi-Wagners, formulierte diese am Montag aber äußert vage: Die roten Verluste seien „natürlich nicht angenehm“, daher gehe er davon aus, dass es „Diskussionen in der Sozialdemokratie geben“ werde - aber nicht öffentlich, meinte er. Auch seitens der Bundespartei wurde der Ball flach gespielt: Eine große Aussprache werde es in den kommenden Tagen in den Gremien nicht geben: Es seien diese Woche keine Sitzungen von Präsidium oder Vorstand vorgesehen.

Unerwartet laut meldete sich sodann aber der rote Westen zu Wort: Die stellvertretende Tiroler SPÖ-Vorsitzende und Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim übte Kritik an Doskozil. Es könne nicht angehen, dass dieser seit längerem zu Sitzungen der SPÖ-Bundesgremien „nicht kommt und demokratische Entscheidungen nicht akzeptiert“, sagte Yildirim und stieß damit in dieselbe Kerbe, die Vorarlbergs SPÖ-Chefin Gabriele Sprickler-Falschlunger am Sonntag bedient hatte. Ihr sei es „vollkommen unverständlich“, „wie man so unsolidarisch sein kann und jedes Mal vor einer Wahl eine parteiinterne Diskussion befeuert“, hatte sie da beanstandet.

„Mehrheiten müssen akzeptiert werden“

Ähnlich Yildirim: Sie könne die Kritik ihrer Parteikollegin an Doskozil „nur unterstreichen", hielt sie fest und appelliere an diesen, „konstruktive Kritik" zu üben und diese in den Gremien vorzubringen. Sie bezweifle, dass es dem Landeschef gefallen würde, wenn andere ständig Inhalte, das Burgenland betreffend, kritisieren würden. Wenn man, wie die SPÖ, „Freundschaft" als Parteigruß verwende, dann müsse man die mit diesem Begriff verbundenen Werte auch vorleben.

„Mehrheiten müssen akzeptiert werden", fügte Yildirim in Richtung Doskozil noch hinzu. Es sei nicht tragbar, dass er und „einige wenige andere“ derzeit dazu beitragen, dass die SPÖ das Bild der „Streitpartei picken" habe. Rendi-Wagner sei die demokratisch legitimierte und gewählte Vorsitzende. „Wir haben eine Entscheidung getroffen", erinnerte die Tiroler Vizechefin. Es sei auch in der Parteigeschichte einmalig, dass sich Rendi-Wagner einem Vertrauensvotum der Parteibasis gestellt habe. Sie sei "zu hundert Prozent loyal" gegenüber der Bundesparteichefin, versicherte Yildirim. Diese habe auch den Anspruch auf die Spitzenkandidatur bei der Nationalratswahl und solle die Partei auch in ebenjene Wahl führen. Auch Tirols SPÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer hatte sich in der Vergangenheit wiederholt hinter Rendi-Wagner gestellt.

Zu erwarten ist damit, dass die Führungsfrage noch bis zur Salzburg-Wahl am 23. April unbeantwortet bleibt. Der dortige Spitzenkandidat David Egger verbat sich dementsprechend gestern und heute Personaldiskussionen. Ironischerweise könnte gerade er, der dem Doskozil-Lager zugerechnet wird, mit einem starken Ergebnis für etwas Entspannung in Rendi-Wagners Umfeld sorgen. Die wenigen Umfragen weisen der SPÖ, die von einem sehr tiefen Ausgangswert startet, leichte Zugewinne aus.

Option: Mitgliederbefragung

Im Raum stand zuletzt die Möglichkeit einer Mitgliederbefragung. Eine solche zu erwirken, ist allerdings nicht einfach. Das Statut sagt hierzu: „Auf Bundesebene ist eine Mitgliederbefragung durchzuführen, wenn zumindest fünf Prozent aller SPÖ-Mitglieder dies verlangen, wobei aus wenigstens drei Landesorganisationen jeweils zumindest 25 Prozent der insgesamt für die Einsetzung einer Mitgliederbefragung erforderlichen Mitglieder dies fordern müssen.“ Alternativ kann auch der Parteivorstand aktiv werden. Diese Möglichkeit hat Rendi-Wagner schon einmal gewählt, als sie 2020 die Mitglieder über sich selbst abstimmen ließ und damit die Führungsdiskussion zumindest eine Zeit lang eindämmte.

Beim vergangenen Bundesparteitag hätten sich die Delegierten gleich überhaupt für eine Direktwahl des Parteivorsitzes aussprechen können. Doch scheiterten alle Anträge zum Statut dadurch, dass zu diesem späten Zeitpunkt der Veranstaltung zu wenige Delegierte anwesend waren. Inwieweit das orchestriert - die Wiener Landespartei hatte mit einigen Anträgen keine Freude - oder dem damals schönen Wetter geschuldet war, blieb offen.

Das Ergebnis war jedenfalls, dass das Statut bis zum nächsten Parteitag gleich bleibt und der ist erst 2024 angesetzt. Im Zentrum stand damals ohnehin das magere Ergebnis für Rendi-Wagner, die ohne Gegenkandidaten nur 75,3 Prozent erreichte.

(Red./APA)

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