Mit großer Spannung erwartet worden war in Paris das Defilee von Balenciaga
Modewoche Paris | Teil 1

Bei Balenciaga wurde es still, bei Coperni hechelten die Roboterhunde

Ein Blick zurück auf die ersten Tage der Pariser Modewoche, wo besonders Dior, Balenciaga, Coperni für Gesprächsstoff sorgten.

Traditionell ist die Pariser Modewoche in den Köpfen der Anreisenden mehr oder minder zweigeteilt: Viele Teams entsenden unterschiedliche Mitglieder für die erste Hälfte, die ungefähr bis zum Wochenende reicht. Von Samstag bis Dienstag findet dann so etwas wie der Endspurt statt, der mit den Defilees von Häusern wie Chanel und Miu Miu ins Finale geht.

Unruhiges Bangen brachte diesmal der angekündigte Generalstreik gegen die geplante Reform des Penionsantrittsalters auch in das Modetreiben: Von Tag zu Tag wurde die Anzahl jener, die ihre Flüge umzubuchen versuchten und ihren Aufenthalt verkürzen wollten, größer. Die Marke Louis Vuitton hatte bereits im Vorfeld ihren angestammten Showslot von Dienstag auf Montag vorverlegt. Chanel oder nicht Chanel – diese Frage stellten sich im Wesentlichen all diejenigen, die ihren Aufenthalt noch ändern wollten.

Dior
Dior(c) REUTERS (BENOIT TESSIER)

Aber auch aus rein modischer Perspektive ist in Paris immer genug Gesprächsstoff vorhanden, denn die Leistungsdichte ist enorm: Anders als etwa das kommerzielle New York oder das weniger wagemutige Mailand sind in Paris viele Kollektionen mit starker Designhandschrift zu sehen. Bei Dior hat etwa Maria Grazia Chiuri gleich zu Beginn die „Emily in Paris“-Fantasien heimgeholt und eine überaus Pariserische Kollektion vorgelegt – bis hin zum Stadtplan-Print auf einem Look. Bei Nina Ricci feierte der junge Harris Reed seinen Einstand, wurde allerdings von vielen ob seiner relativen Unerfahrenheit und dem nicht in vollem Ausmaß nachvollziehbaren Hype um seine Person etwas kritisch beäugt.

Vivienne Westwood
Vivienne Westwood(c) REUTERS (SARAH MEYSSONNIER)

Andreas Kronthaler zeigte seine erste Kollektion für die Marke Vivienne Westwood nach dem Tod der Labelgründerin, seiner Ehefrau: Eine Hommage an ihre Arbeit, aber zugleich unverkennbar Kronthaler. Auch bei Paco Rabanne war die erste Kollektion nach dem Tod des Markengründers zu sehen, der allerdings schon seit Jahren nicht mehr Teil des Kreativteams war: Julien Dossena zog zwar das Motiv seiner surrealistischen Inspiration mit Dalí-Drucken durch, schickte zum Schluss aber doch eine kleine Gruppe aus Metallkleidern, wie von Rabanne zur Blütezeit des Space Age ersonnen, über den Laufsteg.

Schiaparelli
Schiaparelli (c) IMAGO/Xinhua

Daniel Roseberry versuchte bei Schiaparelli gegen die Übermacht der Konzerne LVMH und Kerin aufzubegehren und eine besonders kreative Position abzustecken. Jonathan W. Anderson, für die LVMH-Marke Loewe zuständig, schien sich allerdings von der Tatsache der Konzernzugehörigkeit ebenfalls nicht in seiner Kreativität beeinträchtigen zu lassen. Großes Interesse erregten die Konfettiwürfel der Künstlerin Lara Favaretto, die im Showspace aufgestellt worden waren.

Hermès
Hermès APA/AFP/EMMANUEL DUNAND

Für Geschmackssicherheit steht Nadège Vanhee-Cybulski, die die Damenkollektion im Hause Hermès verantwortet: Sie zeigte Entwürfe in gedeckten Erdtönen, außerdem viele fein plissierte Kleider, die an Fortuny denken ließen und festliche Akzente in der Garderobe gut angezogener Pariserinnen setzen. Unaufgeregt und ebenfalls eine solide Go-to-Adresse für seine Kundinnen ist Dries van Noten mit seiner Arbeit: Der Belgier stellte diesmal Überlegungen an zum Thema der Intimität – zwischen Kleidungsstück und Trägerin. Exemplarisch aufgehängt wurde dies an sichtbarem Futterstoff, der da und dort die Oberfläche durchbrach.

Für technologische Spielereien steht derzeit in Paris primär das Designerduo hinter der Marke Coperni, Sébastien Meyer und Arnaud Vaillant. Letzte Saison ließen sie Supermodel Bella Hadid ein Kleid aus High-Tech-Material aufsprühen und sorgten damit für einen Fashion Moment in sozialen Medien. Diesmal defilierten die Models neben den mit ihrer Sci-Fi-Rohheit immer etwas einschüchternden Roboterhunden von Boston Dynamics. Ausgangspunkt des Ganzen war wohl eine Fabel von La Fontaine über „Le loup et l'agneau“, dessen Moral in etwa lautet: Der Stärkere (der Wolf) wird über den Schwächeren (das Schaf) immer siegreich bleiben – eine in der Tat etwas überraschende Wahl für ein kleines Label wie Coperni.

Balenciaga
Balenciaga(c) IMAGO/Xinhua

Mit großer Spannung erwartet worden war von den Besucherinnen und Besuchern das Defilee von Balenciaga: Nachdem Demna Gvasalia, der Kreativdirektor, Ende des Jahres in Kritik geraten war, wurde es still um ihn und seine Arbeit. In einem Begleittext zu seiner neuen Kollektion ließ er wissen, dass er „Zuflucht“ habe suchen müssen und diese in seiner Arbeit fand – in dem, auf das er sich seit seiner Jugend versteht. Wer auf einen Neubeginn mit völligem Durcheinanderwürfeln der Ästhetik gewartet hatte, wurde enttäuscht. Demnas Fans deuteten diese Präsentation und die Kollektion als eine gelungene Rückbesinnung auf das Wesentliche und Ausdruck seines Willens, auch künftig für Balenciaga seine Visionen zu entwickeln. Es gab aber auch jene Stimmen, die mutmaßten, mit dieser stillen Präsentation habe der Designer vielleicht seine Abschiedsvorstellung vorgelegt.

>> Hier finden Sie den 2. Teil unsere Pariser Modeberichterstattung mit Chanel, Miu Miu, Akris, Elie Saab, Florentina Leitner

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