Neun Flugreisen nach Doha sowie die Unterbringung in Hotels ließ sich der Chef der Generaldirektion Verkehr in der EU-Kommission von Katar zahlen – während der Verhandlung über ein lukratives Flugabkommen.
Die Europäische Kommission steckt in einer zusehends peniblen Ethikaffäre fest. Wie das Nachrichtenmagazin „Politico“ vorige Woche enthüllte, ließ sich der höchstrangige für Verkehrspolitik zuständige Kommissionsbeamte in den Jahren 2015 bis 2021 neunmal von Katar beziehungsweise von katarischen Interessengruppen auf Businessklasse-Flugreisen in die Hauptstadt Doha einladen. In diesem Zeitraum verhandelte die Kommission, stellvertretend für die EU, mit Katar über ein bilaterales Luftfahrtabkommen, welches der staatlichen Fluggesellschaft Qatar Airways den Zugang zum lukrativen europäischen Markt eröffnete, als es am 18. Oktober 2021 beschlossen wurde. In diese Periode fielen auch die ersten mutmaßlichen Bestechungsaktivitäten Katars im Europaparlament, die unter dem Schlagwort Katargate seit der Festnahme mehrerer Europaabgeordneter Anfang Dezember vorigen Jahres europaweit für negative Schlagzeilen sorgen.
„Er selbst war der genehmigende Beamte"
Dieselbe Fluglinie, in deren Interesse Katar den Zugang zum EU-Luftfahrtmarkt vorantrieb, chauffierte also den Generaldirektor der Generaldirektion Verkehr der Kommission, den Esten Henrik Hololei, zum Nulltarif zwischen Brüssel und Doha hin und her. Wer genehmigt so eine Konstellation, die einen ziemlich deutlichen Interessenkonflikt aufwirft? Die zögerliche, erst nach mehrfachen Nachfragen präsentierte Antwort der Sprecher der Kommission am Montag: Hololei selbst. Er habe gemäß den geltenden Regeln für die Annahme von Zuwendungen durch Dritte über seine Flüge befunden und keine Einwände gegen ihre Annahme gefunden. „In anderen Worten: Er selbst war der genehmigende Beamte“, sagte eine Sprecherin.