Globalisierung

Neues Institut in Wien erforscht Lieferketten

Die Coronapandemie hat die Bedeutung funktionierender internationaler Lieferketten deutlich gemacht. Ein neues Institut mit Sitz in Wien und Steyr soll dazu beitragen, Probleme künftig früher zu erkennen.

Wien. Allein für einen Müsliriegel komme man auf 100 Lieferanten, die dazu beitragen, dass er produziert werden kann, sagt Sabine Herlitschka, die Vorstandsvorsitzende von Infineon Österreich. Man sei da schon mitten in der Komplexitätsforschung. Die Managerin ist nun auch Vorsitzende eines neuen Instituts mit Sitz in Wien, das die Sicherheit und Verlässlichkeit von weltweiten Lieferketten erforscht. Leiter wird der Komplexitätsforscher Peter Klimek, der in der Coronapandemie Bekanntheit erlangte.

Das Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII) wird für die nächsten fünf Jahre mit zehn Millionen Euro finanziert, davon kommen 7,5 Millionen aus dem Arbeits- und Wirtschaftsministerium und der Rest vom Land Oberösterreich. Es gebe in Europa kein vergleichbares Institut, sagte Gabriel Felbermayr. Der Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts wird dem ASCII, das in Wien ansässig sein wird, als Präsident vorstehen. Man hoffe, dass man auch in Deutschland und in Brüssel Gehör finden werde. Das Institut soll daten- und wissenschaftsgetrieben sein.

Erste Studie zu Medikamenten

Die Bedeutung und die Komplexität der globalen Lieferketten trat im Zuge der Coronapandemie zutage und zeigte sich auch als Folge des Krieges in der Ukraine. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen, Verpackungsmaterial, Computerchips und Zubehör für Autos war plötzlich nicht mehr garantiert. Zuletzt zeigten sich auch Engpässe bei Medikamenten. Letzteren werde sich die erste Arbeit des Instituts widmen, die demnächst vorliegen soll. Auch die Abläufe um die weitreichenden Verknüpfungen bei Mikrochips sollen untersucht werden, kündigte Felbermayr an. Es habe sich gezeigt, dass Flaschenhälse an ganz unerwarteten Stellen auftreten können – wenn etwa die Verfügbarkeit von Medikamenten eingeschränkt sei, weil Verpackungsmaterial fehle, sagte Institutsleiter Klimek.

Die Verfügbarkeit sei auch je nach Material starken Schwankungen unterworfen, sagte Felbermayr: Das Metall Kobalt habe vor einigen Jahren noch als knapp gegolten, nun sei es im Überfluss vorhanden. Und nachdem es vor einigen Jahren eine Stahlschwemme gegeben habe, ließ der Ukraine-Krieg Stahl knapp werden. „Wir können davon ausgehen, dass auch in Zukunft Lieferkettenstörungen ein Problem bleiben werden“, sagte Felbermayr. Die wirtschaftlichen Folgeschäden von Engpässen in den Lieferketten zeigten sich in vielen Bereichen, zuletzt bei der Knappheit von Obst und Gemüse in Großbritannien. „Wir haben hier tatsächlich ein Problem“, sagte Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Forscher aus dem Ausland

Neben dem Sitz in Wien erhält das Institut einen zweiten Standort im oberösterreichischen Steyr. Es sollen auch Forscher aus dem Ausland angezogen werden. Und man wolle „politikrelevant“ sein, sagte Felbermayr. Es gehe darum, dass Risiken früh erkannt und bessere strategische Entscheidungen getroffen werden, sagte Kocher. Das soll die Basis für wirtschaftspolitische Entscheidungen sein. (hie)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.