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Eine einzelne Frau an der Spitze bewirkt noch keinen Kulturwandel

Marion Weinberger-Fritz, Raiffeisen Vorsorge Wohnungen, Kristina Giacomelli, Sangreal, und Sandra Bauernfeind, Heimat Österreich, diskutierten unter der Moderation von Eva Komarek über ihre beruflichen Laufbahnen und über noch immer vorhandene Hindernisse für Frauen in der Immobilienwirtschaft.
Marion Weinberger-Fritz, Raiffeisen Vorsorge Wohnungen, Kristina Giacomelli, Sangreal, und Sandra Bauernfeind, Heimat Österreich, diskutierten unter der Moderation von Eva Komarek über ihre beruflichen Laufbahnen und über noch immer vorhandene Hindernisse für Frauen in der Immobilienwirtschaft.(c) Roland RUDOLPH
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Im Gespräch. Seit Jahren ist der Anteil an Frauen im Top-Management unverändert niedrig. Gibt es zu wenige Vorbilder? Wie hilfreich ist die Frauenquote und wie erleben Managerinnen ihren Aufstieg? Ein Gespräch über Barrieren und Brücken mit führenden Frauen aus der Immobilienwirtschaft.

Schon Simone de Beauvoir führte in den 1950er-Jahren die ungleiche Stellung zwischen Mann und Frau nicht auf einen biologischen, sondern auf einen gesellschaftlichen Ursprung zurück. Über sieben Jahrzehnte später sind Frauen trotz Qualifikation und Quote noch immer nicht ganz oben angekommen. Anlässlich des internationalen Frauentags lud „Die Presse“ drei Frauen aus der Führungsetage der Immobilienwirtschaft zum Branchentalk ein. Eva Komarek, General Editor for Trend Topics (Styria), erörterte als Moderatorin der Runde gemeinsam mit den erfolgreichen Geschäftsführerinnen Marion Weinberger-Fritz von der Raiffeisen Vorsorge Wohnungen, Sandra Bauernfeind von Heimat Österreich und Kristina Giacomelli von Sangreal wie sie sich als Frauen in einer männerdominierten Branche durchsetzen können.
„Frauen sind nach wie vor im Top-Management von Immobilienunternehmen deutlich unterrepräsentiert“, begann Marion Weinberger-Fritz, die seit 2011 Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnungen ist, das Gespräch. „Damit fügen wir uns bedauerlicherweise ganz gut im allgemeinen Umfeld ein. Als Geschäftsführerinnen leiten Frauen meist kleinere Firmen – Sandra Bauernfeind ist da eher eine Ausnahme.“ Bauernfeind bedankte sich lachend und erwiderte: „Ich gebe dir recht. Ich denke, dass Frauen in unserer Branche überproportional selbstständig sind – und zwar vor allem in der Immobilienvermarktung. Ich begrüße es daher, wenn Frauen sich in diesem Segment selbstständig machen, denn in größeren Konzernen erfüllen die wenigen Frauen an der Spitze, wenn sie nicht gerade Familienmitglieder sind, gerade einmal die gesetzliche Frauenquote.“
Eine, die bereits sehr früh den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt hat, ist Kristina Giacomelli, Gründerin von Sangreal. „Für mein Unterfangen bekam ich anfangs wenig Zuspruch“, erinnerte sie sich. „Die meisten waren der Meinung, dass ich noch viel zu jung sei, um mich in diesem Bereich in die Selbstständigkeit zu wagen. Aber in meiner Zeit bei EHL-Immobilien hatte ich in dir, Sandra, als meine damalige Geschäftsführerin, ein gutes Vorbild. Das hat mich sehr motiviert.“ Giacomelli erkannte schnell, dass ihre Stärken in der Vermarktung und Akquise lagen. „Gerade weil ich sehr jung war, entschloss ich mich, einfach einmal auszuprobieren, ob mir die Selbstständigkeit liegt. Ich dachte mir, wenn es schief geht, habe ich ja noch ein paar Jahre vor mir, um etwas anderes zu machen. Es hat zum Glück gut funktioniert“, sagte sie. „Ich hatte auch keine Schwierigkeiten, in der Branche gleich akzeptiert zu werden. Ich glaube, eine selbstständige Maklerin ist keine Seltenheit mehr. Daher bekam ich auch kaum negative Reaktionen. Wäre ich selbstständige Bauträgerin geworden, hätte dies vermutlich für mehr Widerstand gesorgt. Die meisten Bauträger, mit denen ich zu tun hatte, waren aber ungefähr im Alter meines Vaters. Sie haben mich vermutlich deshalb als eine Art Familienmitglied aufgenommen und mich unterstützt. Ich habe dies dann auch geschickt für mich ausgelegt und gewusst, was ich zur Zufriedenstellung aller Beteiligten tun muss.“

Business-Lunch ist kein Date

Anfangs war es für die junge Sangreal-Gründerin oft schwierig, Männern bei geschäftlichen Meetings oder Business-Lunches deutlich zu machen, dass es dabei rein ums Geschäftliche gehe und es sich nicht um ein Date handle. „Eine Gratwanderung war, dass man das richtige Maß an Freundlichkeit und Höflichkeit findet, um keine falschen Signale zu senden“, erläuterte sie. Ein Problem, das Männer in der Branche wohl kaum hätten. „Natürlich bestehen diese unangenehmen Situationen nach wie vor“, fuhr Giacomelli fort. So habe ihr erst kürzlich ein Kunde geschrieben, sie hätte ein tolles WhatsApp-Profilbild und ob er sie bei der Besichtigung persönlich kennenlernen würde. „Ich antwortete ihm, dass wir uns eventuell bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages sehen würden. Mittlerweile kann ich mit solchen Anfragen spielerisch umgehen. Man wächst an den Herausforderungen.“
Auch Weinberger-Fritz hatte in ihrer Laufbahn gelegentlich damit zu kämpfen, als Frau in männlichen Führungsebenen akzeptiert zu werden. „Als Nichtselbstständige in der Führungsebene die Akzeptanz der Mitarbeiter zu erlangen, war für mich zwar kein vordergründiges Problem“, erzählte sie im Gespräch. „Allerdings ist nach wie vor das Netzwerken sehr viel schwieriger, da ich es in unserer Führungsebene hauptsächlich mit Männern zu tun habe. Da wird man auch gern mal missverstanden und es kommt hin und wieder – wie Kristina Giacomelli bereits gesagt hat – zu falschen Erwartungen, wenn man sich zum Business-Lunch verabredet.“ Bei ihr sei der Ausgangspunkt zwar ein bisschen komplexer, das habe aber auch seine Vorteile. „Ich habe es bei den Projekten meistens mit Bauträgern zu tun“, erläuterte Weinberger-Fritz. „Da hat man als Frau auch wieder gewisse Vorteile, da manches männliche Geltungsgehabe einfach wegfällt.“

Frauen kommunizieren anders

Der Umgang mit männlichen Kollegen war für Weinberger-Fritz aufgrund ihrer langjährigen Berufstätigkeit in einer ehemaligen Männerdomäne Alltag. „Ich habe die RVW aber in einer Phase übernommen, als sie operativ ein reines Frauenunternehmen war“, erzählte sie. „Ich musste mich daher erst an die veränderten Umstände im Umgang mit den Kolleginnen gewöhnen, denn Frauen kommunizieren ganz anders. Da ich zuvor hauptsächlich mit Männern gearbeitet hatte, war die neue Situation eine Herausforderung für mich. Nach einer Weile habe ich dies aber als sehr positiv empfunden. Männer sind eher zahlen- beziehungsweise ergebnisorientiert. Ich war es daher gewöhnt, dass alles zahlen- und faktenbasiert ist. Frauen kommunizieren mehr auf der Beziehungsebene. Wir identifizieren uns gemeinsam mit einer Sache, was mir sehr gut gefällt und was letztlich auch zu den Unternehmenserfolgen beiträgt. Das schätze ich sehr an einem Frauenteam: Sie sind voller Leidenschaft an der Sache orientiert. Männer kommunizieren anders miteinander. Da wird zuerst etwas herumgescherzt und danach geht es um Fakten. Frauen sind in dieser Hinsicht einfach anders.“
„Als ich damals den Wohnungsvertrieb übernahm, leitete ich ebenfalls ein reines Frauenteam, was ich auch als sehr positiv in Erinnerung habe“, erwiderte Bauernfeind. „Was du mit der anderen Art der Sprache angesprochen hast, finde ich daher sehr interessant. Ich bin aber der Ansicht, dass wir uns an jene Spielregeln anpassen müssen, die es im Wirtschaftsleben nun einmal gibt. Und die sind sehr zahlenorientiert, da wir alle vom Wirtschaftserfolg abhängig sind. Es stimmt: Männer kommunizieren dies anders als Frauen. Sie sind sehr direkt und verwenden viel weniger Konjunktive. Ich habe mir bei Besprechungen daher angewöhnt, anstelle von „man sollte“ oder „man könnte“ einfach zu sagen: ‚Wer macht was bis wann?‘ Das war anfangs nicht einfach. Ich glaube aber, wir Frauen sollten einerseits lernen, direkter zu kommunizieren, andererseits aber auch wissen, wann man die Beziehungsebene miteinsetzt. Bei bestimmten Themen oder auch Personen braucht es genau dieses gewisse Maß an Sensibilität – und das liegt uns Frauen einfach mehr.“

Sagen, was Sache ist

Frauen stehen sich auf dem Weg nach oben aber oft gegenseitig im Weg. „Sie nehmen vieles persönlich“, erklärte Bauernfeind. „Ich merke oft, dass ich in der Kommunikation mit Frauen öfters auf den Tonfall achten muss. Es kommt vor, dass sie sich manche Aussagen sehr zu Herzen nehmen und eventuell etwas hineininterpretieren, was gar nicht so ist. Wenn ich eine solche Situation bemerke, dann empfehle ich, das Problem direkt anzusprechen, um es aus der Welt zu schaffen. Als Führungskraft, versuche ich, gerade auch hierfür ein Vorbild zu sein. Schließlich kann ich nicht etwas vertreten oder es von meinen Mitarbeitern verlangen, wenn ich selbst nicht dahinterstehe. Eine offene Kommunikation ist für mich eine wichtige Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit.“
Das gelte allerdings für beide Geschlechter. Denn wenn männliche und weibliche Kommunikationstypen aufeinandertreffen, sind Missverständnisse meist vorprogrammiert. Da helfen nur Offenheit und klare Verhältnisse.

INFORMATION

Das Branchengespräch fand auf Einladung der „Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von der Raiffeisen Vorsorge Wohnungen GmbH, der Sangreal Properties Immobilientreuhand und Heimat Österreich.

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