Leitartikel

Ein Verbot von TikTok entmündigt nur die Nutzer

APA/AFP/JOSEP LAGO
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Wir sind längst gläserne Bürger, daran ändert auch ein geplantes Verbot der beliebten Video-App nichts. Es ist Zeit, die Datenhoheit zurückzuerobern.

Schminkvideos, tanzende Influencer, Backanleitungen von der Großmutter und knappe Videos über das Weltgeschehen: Das ist TikTok für knapp eine Milliarde Menschen. Sicherheitslücken, Datenabfluss nach China, Spionage und gefährliche Algorithmen: Dafür steht die Social-Media-App in den Augen vieler Politiker. Von Taipeh bis Washington und von Toronto bis Brüssel herrscht rege Betriebsamkeit. Nach einer Warnung durch das FBI wird plötzlich überall über ein Verbot der chinesischen App diskutiert. Um die Menschen und die westliche Welt vor „feindlichen Staaten“ zu schützen, wie es zum Beispiel im Gesetzesentwurf zum Restrict Act in den USA steht. Dabei schrammt die aktuelle Diskussion an den eigentlich essenziellen Fragen vorbei. Wie schaffen wir einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien? Und wie bekommen wir die Hoheit über unsere eigenen Daten zurück?

Es besteht kein Zweifel daran, dass TikTok eine gierige Datenkrake ist. Die App dringt tief in die privatesten Sphären vor, um alles über ihre Nutzer zu erfahren. Wer die App installiert, liefert TikTok folgende Informationen: Welche Videos wurden zur Gänze angesehen, was hat vielleicht nicht gefallen, welcher Influencer ist besonders angesagt? Doch die Neugier der App geht noch viel weiter: Standort, Telefonbuch am Handy, jede im Browser aufgerufene Seite, jede Suchanfrage. Selbst die Kreditkartendaten werden gespeichert. So ist es möglich, dass die App vom Verlassen der Wohnung bis zum Heimkommen am Abend jeden Schritt mitverfolgt hat. Wo wird das Mittagessen fürs Büro geholt, und wird gar mit dem Handy bezahlt? Das gilt aber nicht nur für die chinesische Video-App TikTok, sondern auch für die amerikanischen Social-Media-Apps wie Twitter, Instagram und Facebook.

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