Morgenglosse

Österreichs blinder Fleck in der Migrationsdebatte

APA/AFP/LOUISA GOULIAMAKI
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Wenn sie es sich frei aussuchen können, würden hochqualifizierte Migranten in viele Länder gehen, bevor sie nach Österreich kommen. Woran könnte das bloß liegen?

Stark zugespitzt könnte man die Migrationsdebatte in Österreich so beschreiben: Die einen tun so als gäbe es nur solche Ankömmlinge, die in ihren Herkunftsländern um ihr Leben fürchten müssen. Und die anderen tun so als gäbe es nur solche, die ein akzeptables Leben gegen ein besseres in Österreich eintauschen wollen, womöglich noch auf Kosten des Sozialsystems. Die Wahrheit ist freilich: Es gibt beides. Und noch mehr. Denn auf eine dritte Gruppe vergisst man hierzulande gerne.

Es sind dies die internationalen Fachkräfte. Talente aus dem EU-Ausland aber auch aus Drittstaaten. Programmierer, Ärzte, Ingenieure und so weiter. Jene Menschen, die Österreich so dringend braucht, um die demografische Lücke am Arbeitsmarkt zu schließen, die sich mit der Pensionierung der geburtenstarken Babyboomer immer weiter auftut. Und just für jene Menschen wird Österreich immer unattraktiver.

Denn der demografische Wandel ist kein hiesiges Phänomen, der ganze sogenannte Westen altert und dürstet nach Fachkräften. Der Wettbewerb um internationale Talente ist in vollem Gang. Wenn sie es sich frei aussuchen können, so zeigt ein jüngster OECD-Bericht, sind für diese Talente Länder wie Schweden, Norwegen, Neuseeland, die Schweiz oder Australien am attraktivsten. Österreich war bisher solides Mittelfeld, ist aber inzwischen ins hintere Mittelfeld abgerutscht.

Zum Glück lassen sich manche der Ursachen für Österreichs schlechtes Abschneiden beheben. So dauert etwa die Bearbeitung von Visaanträgen hierzulande nicht nur länger als vielerorts. Zehn Prozent der Anträge von hochqualifizierten Migranten werden sogar abgelehnt, in Schweden praktisch keine. Aber auch sogenannte „weiche“ Faktoren spielen laut OECD eine Rolle. So ist in den für internationale Talente attraktivsten Ländern auch die Akzeptanz gegenüber Migranten größer.

Ob dort womöglich auch die Migrationsdebatte differenzierter geführt wird …?

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