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Hohe Kosten setzen Lenzing zu

AUT, Themenbild, Lenzing AG
AUT, Themenbild, Lenzing AGDaniel Scharinger / picturedesk.
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Der Faserkonzern fährt nach einem hohen Vorjahresverlust nun eine harte Sparpolitik und will weitere Jobs streichen. Für das laufende Jahr ist man aber zuversichtlich.

Die Anleger hatten der Aktie des Faserkonzerns Lenzing heuer bereits einen großen Vertrauensvorschuss erteilt: Seit Jahresbeginn hat das Papier um 30 Prozent zugelegt und ist bis dato der zweitbeste Wert im heimischen Leitindex ATX nach der Voestalpine. Schnäppchenjäger hatten das Papier ins Visier genommen, das im Jahr davor immerhin 55 Prozent verloren hatte, so viel wie kein anderer ATX-Wert.

Der Optimismus war wohl doch etwas verfrüht. Nach der Vorlage der Jahreszahlen, bei der Lenzing einen Vorjahresverlust von 37,2 Millionen Euro vermeldet hatte, gab die Aktie um zeitweise sieben Prozent nach. Im Jahr davor hatte das Unternehmen noch einen Gewinn von 127,7 Millionen Euro erzielt. Lenzing stellt Spezialfasern aus Holz her, die Ausgangsmaterial für Bekleidung, Hygieneprodukte und Anwendungen in der Landwirtschaft sind. Am bekanntesten sind die Marken Tencel (hauptsächlich für Bekleidung) und Veocel (für Pflege- und Reinigungsprodukte).

Holz und Natronlauge teurer

Im ersten Halbjahr 2022 hatte es noch recht gut für Lenzing ausgesehen, aber zur Jahresmitte hin wurden gleich mehrere negative Faktoren schlagend: Energie- und Rohstoffkosten schossen in die Höhe – unter anderem auch der für Lenzing relevante Holzpreis. Die wegen der steigenden Energiepreise erhöhte Nachfrage nach Brennholz, Pellets und forstlicher Biomasse schränkte die Verfügbarkeit von Industrieholz deutlich ein, wodurch auch die Preise stark zulegten.

Ebenso erhöhten sich die Preise für Natronlauge, die bei der Herstellung von Faserzellstoff zum Einsatz kommt und ein wichtiges Vorprodukt für die Herstellung von Viskose- und Modalfasern ist.
Zugleich ließ die Fasernachfrage der Textilindustrie nach, die auf hohen Lagerbeständen saß. Im September und Oktober belief sich allein der Wert der US-Lagerbestände (Einzel- und Großhandel) auf knapp 105 Milliarden Dollar, inzwischen ist der Wert auf 95 Milliarden Dollar zurückgegangen. Das liegt noch immer deutlich über dem Durchschnitt der Jahre 2012 bis 2019, als der Wert zwischen 75 und 85 Milliarden Dollar pendelte.

Die Stimmung in der Textilindustrie ist äußerst negativ. Zugleich lag die Auslastung der chinesischen Viskoseindustrie zuletzt bei nur 62 Prozent, die Viskosepreise waren im zweiten Halbjahr stark rückläufig.
Den Umsatz konnte Lenzing im Vorjahr dank höherer Faserpreise dennoch steigern, und zwar um 16,9 Prozent auf 2,57 Mrd. Euro. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) schrumpfte um 33,3 Prozent auf 241,9 Millionen Euro.

Sparprogramm

Lenzing will nun, wie bereits im Herbst angekündigt, mindestens 70 Millionen Euro an Kosten einsparen. Außerdem sollen Produktionsmengen selektiv reduziert werden. Wie viele Stellen zur Disposition stehen, wollte das Management bei einer Pressekonferenz am Donnerstag nicht konkret beantworten. Auf Nachfrage teilte ein Firmensprecher mit, dass am Konzernsitz im oberösterreichischen Lenzing etwa 100 Stellen gestrichen würden. Weitere 60 Stellen würden nach Pensionierungen nicht nachbesetzt. Wie viele Mitarbeiter weltweit gehen müssen, sei noch nicht abschließend geklärt, sagte der Sprecher. Per Jahresende beschäftigte Lenzing insgesamt 8300 Personen.

Lenzing liegt damit unter den Erwartungen, schrieb eine Analystin der Erste Group in einem Kurzkommentar. Die Aktionäre sollen daher für 2022 leer ausgehen. Für 2021 hatten sie noch 4,35 Euro je Aktie erhalten. Zudem gab Lenzing bereits am Vorabend bekannt, die Dividendenpolitik für 2023 auszusetzen. Eigentlich wollte der Konzern mindestens 4,50 Euro je Aktie zahlen. Ob es eine Gewinnausschüttung geben wird und wenn ja, in welcher Höhe, hält sich das Management damit offen. Zu unsicher seien die Aussichten, hieß es.

Konzernchef Stephan Sielaff sieht dennoch keinen Grund zur Sorge. „Der Fasermarkt reagiert über Jahre immer gleich, er kommt immer wieder auf einen Wachstumskurs zurück“, sagte der Manager. Alle Dellen der vergangenen Jahre seien immer wieder ausgebügelt worden, der Markt sei stets auf neue Höchststände geklettert. Die Auslastung in den Fabriken steige derzeit wieder. Die hohen Lagerbestände würden sich im Laufe des Jahres normalisieren, zudem erwarte man eine Erholung der Kundennachfrage.

Analysten sind uneinig

Auch sollten die neue Lyocellanlage in Thailand und das neue Zellstoffwerk in Brasilien positive Beiträge für Lenzing liefern. Der Konzern hält am Mittelfrist-Ziel fest, wonach bis 2027 das Ebitda auf eine Milliarde Euro steigen soll.

Die Analysten sind gespalten, was die Aussichten für die Lenzing-Aktie betrifft: Bloomberg-Daten zufolge raten je zwei Experten zum Kaufen, zum Halten und zum Verkauf. Im Schnitt sehen sie ein Kursziel, das um 19 Prozent unter dem gegenwärtigen Kurs liegt.

(Reuters/APA/b.l.)

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