Literaturgeschichte

Was für ein Fluch, Goethes Sohn zu sein!

Klassik Stiftung Weimar, Bestand
  • Drucken

Ein Alkoholiker, unbegabt, farblos? Die erste Biografie über August von Goethe versucht die Ehrenrettung einer unglücklichen Existenz. Man erfährt viel über die Zeit, es ist herzzerreißend traurig – und zuweilen schrecklich komisch.

Kinder haben heute Freundschaftsbücher, in denen sich ihre Freunde selbst beschreiben. Früher gab man Halbwüchsigen in einem Poesiealbum oder Stammbuch etwas Nettes, Persönliches mit auf den Weg. Bei August von Goethe klang das so: „Glücklich, wer wie Sie das schönste Vorbild in sich trägt.“ Oder: „Auf dem Pfade des Ruhms kannst du, oh Jüngling, nicht irren.“ Oder streng, von Philosophieprofessor Fichte: „Die Nation hat große Anforderungen an Sie, einziger Sohn des Einzigen.“ In keinem Eintrag geht es um ihn, August selbst bleibt unsichtbar, überstrahlt vom Glanze des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe. Hinter dem Rücken aber prophezeiten Zeitgenossen, was Eckermann, des Meisters Sekretär, in einen Aphorismus fasste: „Die Söhne der Helden sind Taugenichtse. Die Natur erschöpft sich in den Vätern.“

Das konnte nicht gut gehen. Und es ging auch nicht gut: Für die Nachwelt blieb das uneheliche Kind, das Goethe mit Christiane Vulpius zeugte und später legitimierte, ein Versager. Bücher über den größten deutschen Dichter pflegen ihn als Randfigur verächtlich zu streifen: ein Legastheniker ohne literarisches Talent, ein farbloser Beamter, mit einer zerrütteten Ehe und einem Alkoholproblem. Nicht einmal überlebt hat er den Titanen, schon mit 40 Jahren starb er überraschend auf einer Italien-Reise.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.